erratum: Maschinenbau
Eine kleine Richtigstellung meiner gestrigen Behauptungen zum heutigen Fuxing-Campus muss ich meinem Bericht von heute vorausschicken. Dort war anfänglich nicht die Schwesternausbildung untergebracht, sondern das Technikum, das die Herstellung und Unterrichtung des Bauens von medizintechnischen Geräten, die das Tongji-Krankenhaus benötigte, besorgte, damit man neben den teuren Medikamenten die Apparaturen nicht auch noch aus Deutschland importieren musste. Der heutige Fuxing-Campus war also von Anfang an eine Maschinenbaulehranstalt.
Tianchan Beijing Opera
Einer meiner Elektrotechnik-Professorenkollegen ist musikalisch interessiert und bewandert (er hat sich schon eine Guitarre nur für seinen Aufenthalt in Shanghai gekauft – das ist hier natürlich kostengünstig). Seinem Vorschlag, heute eine Peking-Oper anzuschauen, konnte ich nicht widerstehen. Die einzige Vorstellung dieser Kunstrichtung in den nächsten Wochen war für heute 13.30 Uhr im YiFu-Theater an der FuZhou Lu angekündigt. Zu dritt sind wir los. Der andere ET-Kollege kam aus Solidarität mit, war in den letzten 21 Jahren schon oft in China, hatte schon einmal eine Peking-Oper gesehen und wäre eigentlich mehr an Peking-Ente interessiert gewesen. Aber es stand 2:1 für die Oper. Wir wollten vorher das Shanghai-Museum, oder zumindest eine Abteilung davon besuchen, verschoben das Ansinnen wegen einer hunderte Meter langen Schlange vor dem Eingang und beschlossen, an einem Wochentag in dieses Museum zu gehen.
Gigantisches Pudong
Stattdessen fuhren wir kurz mal nach Pudong, dem erst ein oder zwei Jahrzehnte existierenden modernen Buisinessdistrikt östlich des Huangpu-Flusses (Pudong heißt „Fuss-Ost“), wo die welthöchsten Hochhäuser in großer Zahl auf einem zuvor unbebauten Sumpfland errichtet wurden. Zur Zeit sind es 638 Wolkenkratzer, mit dem Ziel, bald auf 1000 zu kommen. Pudong ist der Ort mit den meisten Wolkenkratzern pro m² der Welt.

Heute wurde das Shanghai World Financial Center, das bis zur Fertigstellung des Burj Dubai das zweithöchste Gebäude der Welt sein wird, offiziell eingeweiht. Wir vier deutschen Professoren zählen in Shanghai zu einer Art Honoratioren 4. Klasse, denn in 14 Tagen sind wir mit anderen chinesischen Professoren zu einem Eröffnungsbesuch dort in 492 m Höhe in den 101 Stock eingeladen. Heute spazierten wir nur unten herum entlang, wo mich ein menschliches Bedürfnis ereilte, über das zu berichten ich mir heute wegen interessanter Beobachtung ausnahmsweise zu berichten erlaube. In der von der Straße aus erreichbaren öffentlichen Bedürfnisanstalt sind ausschließlich Kloschüsseln mit Wasserspülung eingebaut. Nichts Besonderes? Anstatt ein Doppelblatt von der Rolle zu reißen und zu falten, muss man ein Tastentableau neben der Schüssel bedienen und kann dann die Strahlstärke, den Oszillationsfaktor, die Wasser- und Sitzflächentemperatur und den Anstrahlwinkel regulieren und, sofern man die mit dem Weiblichsymbol gekennzeichnete Taste drückt, auch noch einen Frontalstrahl hinzu schalten. Obwohl ich nur mit dem Bedürfnis zu stehen gekommen war, entschloss ich mich spontan für Technologieerprobung im Sitzen. Ich muss gestehen, ich bin ein Warmduscher. Währenddessen überlegte ich mir, ob es drei oder doch nur zwei Kilometer entfernt ist bis zur chinesischen Altstadt, wo für ganze Hüttenkomplexe nur ein Wasserhahn (kalt) in der ganzen Straße zur Verfügung steht und dort vor aller Augen von den Bewohnern alle Verrichtungen, die Wasser erfordern, abgewickelt werden müssen. Shanghai ist nicht mit ein paar Sätzen zu beschreiben; China schon gar nicht. Es sind übrigens genau 1,29 km Luftlinie.
Kunstgenuss ohne Verständnis
Auf die Peking-Oper war ich nicht vorbereitet. In einem modernen Theatersaal mit hervorragender elektroakustischer Beschallung saßen wir drei Stunden lang auf roten Plüschsesseln und hatten mit einer Abstimmungsquote von 2:0 bei einer Enthaltung großen Gefallen an der Vorstellung. Den Inhalt habe ich nicht verstanden. Das hat mich aber nicht besonders in Unruhe versetzt, denn aus dem Hamburger Ernst-Deutsch-Theater, wo unser Abo meine Frau und mich mit Freunden regelmäßig hinführt, habe ich mich nach mancher Inszenierung auch schon gefragt, was der Autor wohl habe sagen wollen. Die Ausstattung war spärlich; nur der erste und letzte Akt hatten ein Bühnenbild.

Es wurde eher mit symbolischen als mit realistischen Mitteln gearbeitet. Insbesondere das Können der Schauspieler, ihre Mimik, der Gesang, die überzeugenden pantomimischen Darstellungen und das zum Teil erstaunliche akrobatisches Geschick machten den Reiz der Aufführung aus. Oder waren es die grellen, bunten Kostüme mit den Wasserärmeln aus der Zeit der Kaiser vergangener Dynastien und die ausdrucksstarke Schminke der Figuren? Wasserärmel bestehen aus einem weißen Stück Stoff, das am Ende des eigentlichen Ärmels festgenäht ist und von diesem herabhängt. Sie dienen dazu, Gefühle und Handlungen auszudrücken. Nein, es waren der Wortwitz und die Aussagen des Textes, die besonders gut rüberkamen. Letzteres konnten wir leider nur indirekt den emotional starken Reaktionen der Zuschauer entnehmen: da wurde herzlich gelacht, besondere Leistungen spontan beklatscht, das Publikum tat seine Meinung oft mit lauten Zwischenrufen („hao“ - „gut“) kund, und an bestimmten Stellen, wo alle offensichtlich geradezu darauf gewartet hatten, riefen die Zuschauer unisono im Chor etwas mir unverständliches in den Saal. Den Opernbesuchern war das Stück offensichtlich gut bekannt.
Wie in der Hamburger Staatsoper, wo der italienische Originaltext in deutscher Übersetzung über der Bühne eingeblendet wird, wurden hier die chinesischen Schriftzeichen parallel zum Stück mit seinem Wechsel aus Arien, rezitativartigen Passagen (das so genannte gedehnte Wort) zum Mitlesen eingeblendet. Das seitlich angeordnete Orchester untermalte alle Bewegungen mit Schlag- und Seiteninstrumenten und begleitete den Gesang.
Pausen gab es keine; manche Leute hatten sich etwas zu trinken und auch zu essen mitgebracht und während der gesamten Vorstellung ist immer wieder jemand aufgestanden und ist mal kurz rausgegangen. Zwischendurch haben die Leute mit ihren Nachbarn getratscht oder die SMS am Handy gecheckt. Seinen Ursprung hat das Peking-Oper-Theater, das erst zweihundert Jahre alt ist und gar nicht aus Peking stammt, in den Teehäusern. Hier konnte man sich früher beim Teetrinken unterhalten lassen. Vielleicht geht es deswegen ungezwungener zu als in einem europäischen Theatersaal.

Zur Zeit der Kulturrevolution (1966 - 1976) waren alle traditionellen Peking-Opern verboten und nur acht, nach politischen Vorgaben neu konzipierte Opern wurden aufgeführt. Kaiser, Könige, Generäle und Kanzler, Gelehrte und Schönheiten wurden von der Bühne verbannt, an ihre Stelle traten Arbeiter, Bauern und Soldaten, die zu Helden stilisiert wurden und als Vorbilder für das Volk dienen sollten. Diese konnten natürlich nicht mit den Traditionellen Kostümen und der traditionellen Schminktechnik dargestellt werden. Auch die Musik, die Instrumente, der Gesang, und der Tanz wurden dem neuen Bild Chinas angepasst.
Heute werden die traditionellen Stücke wieder gespielt. Wie unseres hieß, weiß ich nicht: auf der Eintrittskarte steht es für mich unlesbar auf Chinesisch und auf der Internetseite war es mit ‚Peking Opera "Wang Baochuan" by Shanghai Peking Opera Troupe‘ angekündigt. Trotzdem wage ich nach Beratung mit meinen Kollegen eine Inhaltsbeschreibung dessen, was wir gesehen haben:

Erster Akt: Alter Mann ermahnt junges Mädchen, endlich zu heiraten.
Zweiter Akt: Das junge Mädchen ist in einen prächtigen Soldaten verliebt und will nur ihm gehören.
Dritter Akt: Als Ehemann ist ein arroganter Pinkel für das junge Mädchen vorgesehen, den dieses ablehnt und von sich weist.
Vierter Akt: (Hier hätte ich jetzt nach italienischem Vorbild den Freitod des Mädchens erwartet, das zwischen Pflicht dem Vater gegenüber und dem Ruf des Herzens in einem unlösbaren Dilemma steckt; aber nein) Plötzlich tritt ein schöne Frau auf und singt in Konkurrenz zum Mädchen.
Fünfter Akt: Vor Gericht müssen sich Figuren verantworten, die im Stück gar nicht vorgekommen sind. Plötzlich tritt eine alte Frau auf, singt eine moralische Ermahnung und führt alles zu einer glücklichen Wende. Der Richter verneigt sich vor der alten Frau. Am Schluss ist alles gut.
Na ja, vielleicht war die Handlung auch ganz anders. Mir hat der Opernnachmittag gut gefallen. Das Theater war in allen Preisklassen zu dreiviertel besetzt. Das Publikum war im Schnitt viel älter als die Menschen, die draußen vor dem Theater rumliefen, es waren. Wie in Deutschland scheinen die jungen Chinesen sich nicht mehr für (Peking)-Operntheater zu interessieren. Westliche Musik ist in Shanghai überall zu hören: Aufbruch in die Neuzeit. Hat die Kulturrevolution der jungen Generation keine Möglichkeit mehr gegeben, mit dieser Tradition aufzuwachsen? Verstehen nur noch die Alten diese komplexe Kunstform? Vor dem Theater wurden einige Greise, die kaum noch selbständig ihr Taxi besteigen konnten, abgeholt. Genau das gleiche kann man nach einer Aufführung des Ohnsorg-Theaters in Hamburg beobachten.
Erkenntnis des Tages: Mit einer umfassenden Bildung, mit der man versteht, was man sieht, hat man viel mehr vom Leben.
Eine kleine Richtigstellung meiner gestrigen Behauptungen zum heutigen Fuxing-Campus muss ich meinem Bericht von heute vorausschicken. Dort war anfänglich nicht die Schwesternausbildung untergebracht, sondern das Technikum, das die Herstellung und Unterrichtung des Bauens von medizintechnischen Geräten, die das Tongji-Krankenhaus benötigte, besorgte, damit man neben den teuren Medikamenten die Apparaturen nicht auch noch aus Deutschland importieren musste. Der heutige Fuxing-Campus war also von Anfang an eine Maschinenbaulehranstalt.
Tianchan Beijing Opera
Einer meiner Elektrotechnik-Professorenkollegen ist musikalisch interessiert und bewandert (er hat sich schon eine Guitarre nur für seinen Aufenthalt in Shanghai gekauft – das ist hier natürlich kostengünstig). Seinem Vorschlag, heute eine Peking-Oper anzuschauen, konnte ich nicht widerstehen. Die einzige Vorstellung dieser Kunstrichtung in den nächsten Wochen war für heute 13.30 Uhr im YiFu-Theater an der FuZhou Lu angekündigt. Zu dritt sind wir los. Der andere ET-Kollege kam aus Solidarität mit, war in den letzten 21 Jahren schon oft in China, hatte schon einmal eine Peking-Oper gesehen und wäre eigentlich mehr an Peking-Ente interessiert gewesen. Aber es stand 2:1 für die Oper. Wir wollten vorher das Shanghai-Museum, oder zumindest eine Abteilung davon besuchen, verschoben das Ansinnen wegen einer hunderte Meter langen Schlange vor dem Eingang und beschlossen, an einem Wochentag in dieses Museum zu gehen.
Gigantisches Pudong
Stattdessen fuhren wir kurz mal nach Pudong, dem erst ein oder zwei Jahrzehnte existierenden modernen Buisinessdistrikt östlich des Huangpu-Flusses (Pudong heißt „Fuss-Ost“), wo die welthöchsten Hochhäuser in großer Zahl auf einem zuvor unbebauten Sumpfland errichtet wurden. Zur Zeit sind es 638 Wolkenkratzer, mit dem Ziel, bald auf 1000 zu kommen. Pudong ist der Ort mit den meisten Wolkenkratzern pro m² der Welt.
Heute wurde das Shanghai World Financial Center, das bis zur Fertigstellung des Burj Dubai das zweithöchste Gebäude der Welt sein wird, offiziell eingeweiht. Wir vier deutschen Professoren zählen in Shanghai zu einer Art Honoratioren 4. Klasse, denn in 14 Tagen sind wir mit anderen chinesischen Professoren zu einem Eröffnungsbesuch dort in 492 m Höhe in den 101 Stock eingeladen. Heute spazierten wir nur unten herum entlang, wo mich ein menschliches Bedürfnis ereilte, über das zu berichten ich mir heute wegen interessanter Beobachtung ausnahmsweise zu berichten erlaube. In der von der Straße aus erreichbaren öffentlichen Bedürfnisanstalt sind ausschließlich Kloschüsseln mit Wasserspülung eingebaut. Nichts Besonderes? Anstatt ein Doppelblatt von der Rolle zu reißen und zu falten, muss man ein Tastentableau neben der Schüssel bedienen und kann dann die Strahlstärke, den Oszillationsfaktor, die Wasser- und Sitzflächentemperatur und den Anstrahlwinkel regulieren und, sofern man die mit dem Weiblichsymbol gekennzeichnete Taste drückt, auch noch einen Frontalstrahl hinzu schalten. Obwohl ich nur mit dem Bedürfnis zu stehen gekommen war, entschloss ich mich spontan für Technologieerprobung im Sitzen. Ich muss gestehen, ich bin ein Warmduscher. Währenddessen überlegte ich mir, ob es drei oder doch nur zwei Kilometer entfernt ist bis zur chinesischen Altstadt, wo für ganze Hüttenkomplexe nur ein Wasserhahn (kalt) in der ganzen Straße zur Verfügung steht und dort vor aller Augen von den Bewohnern alle Verrichtungen, die Wasser erfordern, abgewickelt werden müssen. Shanghai ist nicht mit ein paar Sätzen zu beschreiben; China schon gar nicht. Es sind übrigens genau 1,29 km Luftlinie.
Kunstgenuss ohne Verständnis
Auf die Peking-Oper war ich nicht vorbereitet. In einem modernen Theatersaal mit hervorragender elektroakustischer Beschallung saßen wir drei Stunden lang auf roten Plüschsesseln und hatten mit einer Abstimmungsquote von 2:0 bei einer Enthaltung großen Gefallen an der Vorstellung. Den Inhalt habe ich nicht verstanden. Das hat mich aber nicht besonders in Unruhe versetzt, denn aus dem Hamburger Ernst-Deutsch-Theater, wo unser Abo meine Frau und mich mit Freunden regelmäßig hinführt, habe ich mich nach mancher Inszenierung auch schon gefragt, was der Autor wohl habe sagen wollen. Die Ausstattung war spärlich; nur der erste und letzte Akt hatten ein Bühnenbild.
Es wurde eher mit symbolischen als mit realistischen Mitteln gearbeitet. Insbesondere das Können der Schauspieler, ihre Mimik, der Gesang, die überzeugenden pantomimischen Darstellungen und das zum Teil erstaunliche akrobatisches Geschick machten den Reiz der Aufführung aus. Oder waren es die grellen, bunten Kostüme mit den Wasserärmeln aus der Zeit der Kaiser vergangener Dynastien und die ausdrucksstarke Schminke der Figuren? Wasserärmel bestehen aus einem weißen Stück Stoff, das am Ende des eigentlichen Ärmels festgenäht ist und von diesem herabhängt. Sie dienen dazu, Gefühle und Handlungen auszudrücken. Nein, es waren der Wortwitz und die Aussagen des Textes, die besonders gut rüberkamen. Letzteres konnten wir leider nur indirekt den emotional starken Reaktionen der Zuschauer entnehmen: da wurde herzlich gelacht, besondere Leistungen spontan beklatscht, das Publikum tat seine Meinung oft mit lauten Zwischenrufen („hao“ - „gut“) kund, und an bestimmten Stellen, wo alle offensichtlich geradezu darauf gewartet hatten, riefen die Zuschauer unisono im Chor etwas mir unverständliches in den Saal. Den Opernbesuchern war das Stück offensichtlich gut bekannt.
Wie in der Hamburger Staatsoper, wo der italienische Originaltext in deutscher Übersetzung über der Bühne eingeblendet wird, wurden hier die chinesischen Schriftzeichen parallel zum Stück mit seinem Wechsel aus Arien, rezitativartigen Passagen (das so genannte gedehnte Wort) zum Mitlesen eingeblendet. Das seitlich angeordnete Orchester untermalte alle Bewegungen mit Schlag- und Seiteninstrumenten und begleitete den Gesang.
Pausen gab es keine; manche Leute hatten sich etwas zu trinken und auch zu essen mitgebracht und während der gesamten Vorstellung ist immer wieder jemand aufgestanden und ist mal kurz rausgegangen. Zwischendurch haben die Leute mit ihren Nachbarn getratscht oder die SMS am Handy gecheckt. Seinen Ursprung hat das Peking-Oper-Theater, das erst zweihundert Jahre alt ist und gar nicht aus Peking stammt, in den Teehäusern. Hier konnte man sich früher beim Teetrinken unterhalten lassen. Vielleicht geht es deswegen ungezwungener zu als in einem europäischen Theatersaal.
Zur Zeit der Kulturrevolution (1966 - 1976) waren alle traditionellen Peking-Opern verboten und nur acht, nach politischen Vorgaben neu konzipierte Opern wurden aufgeführt. Kaiser, Könige, Generäle und Kanzler, Gelehrte und Schönheiten wurden von der Bühne verbannt, an ihre Stelle traten Arbeiter, Bauern und Soldaten, die zu Helden stilisiert wurden und als Vorbilder für das Volk dienen sollten. Diese konnten natürlich nicht mit den Traditionellen Kostümen und der traditionellen Schminktechnik dargestellt werden. Auch die Musik, die Instrumente, der Gesang, und der Tanz wurden dem neuen Bild Chinas angepasst.
Heute werden die traditionellen Stücke wieder gespielt. Wie unseres hieß, weiß ich nicht: auf der Eintrittskarte steht es für mich unlesbar auf Chinesisch und auf der Internetseite war es mit ‚Peking Opera "Wang Baochuan" by Shanghai Peking Opera Troupe‘ angekündigt. Trotzdem wage ich nach Beratung mit meinen Kollegen eine Inhaltsbeschreibung dessen, was wir gesehen haben:
Erster Akt: Alter Mann ermahnt junges Mädchen, endlich zu heiraten.
Zweiter Akt: Das junge Mädchen ist in einen prächtigen Soldaten verliebt und will nur ihm gehören.
Dritter Akt: Als Ehemann ist ein arroganter Pinkel für das junge Mädchen vorgesehen, den dieses ablehnt und von sich weist.
Vierter Akt: (Hier hätte ich jetzt nach italienischem Vorbild den Freitod des Mädchens erwartet, das zwischen Pflicht dem Vater gegenüber und dem Ruf des Herzens in einem unlösbaren Dilemma steckt; aber nein) Plötzlich tritt ein schöne Frau auf und singt in Konkurrenz zum Mädchen.
Fünfter Akt: Vor Gericht müssen sich Figuren verantworten, die im Stück gar nicht vorgekommen sind. Plötzlich tritt eine alte Frau auf, singt eine moralische Ermahnung und führt alles zu einer glücklichen Wende. Der Richter verneigt sich vor der alten Frau. Am Schluss ist alles gut.
Na ja, vielleicht war die Handlung auch ganz anders. Mir hat der Opernnachmittag gut gefallen. Das Theater war in allen Preisklassen zu dreiviertel besetzt. Das Publikum war im Schnitt viel älter als die Menschen, die draußen vor dem Theater rumliefen, es waren. Wie in Deutschland scheinen die jungen Chinesen sich nicht mehr für (Peking)-Operntheater zu interessieren. Westliche Musik ist in Shanghai überall zu hören: Aufbruch in die Neuzeit. Hat die Kulturrevolution der jungen Generation keine Möglichkeit mehr gegeben, mit dieser Tradition aufzuwachsen? Verstehen nur noch die Alten diese komplexe Kunstform? Vor dem Theater wurden einige Greise, die kaum noch selbständig ihr Taxi besteigen konnten, abgeholt. Genau das gleiche kann man nach einer Aufführung des Ohnsorg-Theaters in Hamburg beobachten.
Erkenntnis des Tages: Mit einer umfassenden Bildung, mit der man versteht, was man sieht, hat man viel mehr vom Leben.
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