Bereits 1907 wurde der Fuxing-Campus in den Dienst der Wissenschaft gestellt, hieß damals aber noch nicht so. Fuxing bedeutet „Erneuerung“. So wurde nach der kommunistischen Machtergreifung eine wichtige Ost-West-Straße umbenannt, an der der Campus liegt und nach der er benannt ist. Zu Beginn war er ein Ableger der Shanghai Tongji Deutsche Medizinschule, aus der die renomierte Tongji-Universität wurde. Der deutsche Arzt Erich Paulun hatte nach Niederschlagung des Boxeraufstands, schockiert über die schlechten medizinischen Verhältnisse in Shanghai, in idealistischer Vorgehensweise ein Krankenhaus mit freier Behandlung gegründet. Auf unserem Gelände fand ursprünglich Schwesternausbildung statt.

Der Name Tongji, der der Schule 1912 bei der Erweiterung um technische Studiengänge gegeben wurde, stammt aus einem chinesischen Sprichwort „Tong Zhou Gong Ji“, was so viel bedeutet wie „In einem Boot sitzen und einander helfen“. Nach dem ersten Weltkrieg übernahmen Franzosen unser Gelände und richteten dort eine Maschinenbauschule ein. In der Zeit der japanischen Besatzung im zweiten Weltkrieg wurde die Universität ausgelagert, aber nach der Machtergreifung der Kuomintang wurde wieder Maschinenbau unterrichtet und auch weiterhin, als die Volksrepublik China gegründet war. Inzwischen ist die University of Shanghai for Science and Technology selbständig, und der Hauptcampus mit 2000 Studierenden liegt am Stadtrand flussabwärts am Huangpu, ca. 45 Minuten Fahrzeit entfernt. In Shanghai gibt es 22 Universitäten, in ganz China 1554. Unser Innenstadtcampus ist der kleinste der USST. Dass im Shanghai-Hamburg-College das Semester jetzt schon begonnen hat, ist dem Umstand geschuldet, dass die deutschen Professoren nicht während des ganzen Semesters in Shanghai anwesend sein können, und deshalb bereits in den Semesterferien mit dem Unterricht anfangen.

Auf dem Campus brodelt also noch nicht das volle Studentenleben. Noch beherrschen die Bauarbeiter die Szene. Der Zementmischer mischt den ganzen Tag den Zement ohne Mischmaschine, aber auch ohne Bottich auf dem blanken Asphaltboden und karrt den feuchten Zement dann mit einem landestypischen Einachskarren an den Verbrauchsort. Auch für den Bauschutt stellt man keine Mulden auf. Er wird aus dem Fenster in den Hof hinabgeworfen und dann noch einmal manuell umgeschaufelt, um dann wieder Karrenweise abtransportiert zu werden. Und doch ist täglich alles abgeräumt. Um Sauberkeit kümmern sich viele dafür eingesetzte Menschen. In den Straßen sehe ich immer irgendwo irgendjemanden den wenigen Straßenschmutz zusammenkehren. Trotzdem habe ich oft beobachtet, wie der persönliche Verpackungsmüll auf offener Straße und von niemandem beanstandet in weitem Bogen von sich weg auf den Weg geworfen wird. Offensichtlich ist das ganz egal, denn es ist wird ja gleich wieder weggekehrt.

Bauweise
Die ganz alten Gebäude auf den Fuxing-Campus erinnern an den Stil eines englischen Elitecolleges: rote Ziegelmauern und weiße Säulen am Eingangsportikus. Auch die später gebauten Gebäude nehmen den Baustil voll auf. Bei genauem Hinsehen, stellte ich fest, dass deren Gebäudefassaden nicht aus Ziegeln warn, sondern täuschend echt nachgemacht nur den optischen Schein von Ziegeln hatten. Der Putz war mit Ziegelmuster im Läuferverband strukturiert, rot gestrichen und die einstrukturierten Fugen dann mit weißer Farbe ganz dünn ausgepinselt – ganz offensichtlich alles Handarbeit. Noch mehr ins Staunen geriet ich, als ich feststellte, dass alle Mauern doch aus Ziegelsteinen hochgezogen sind und der Putz außen auf die Ziegel aufgebracht wurde, um dann wieder den Ziegel-Look aufgemalt zu bekommen. Ich lerne hier neue Kategorien kennen, was unter effektiver Arbeit zu verstehen ist. Viele Arbeitsplätze sind in unserem Verständnis Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Aber sind sie deswegen unnötig? Ohne sie hätten noch mehr Leute, als so schon bei Müßiggang und Dösen zu sehen sind, den ganzen Tag nichts zu tun. Meine ganzen REFA- und Kaizen-Erfahrungen kann ich in diesem System nicht anwenden.

Sehr ungewohnt war für mich der Werkstoff Bambus als Strukturmaterial für Baugerüste, obwohl ist wusste, dass er auch dafür überall dort eingesetzt wird, wo er wächst. Das ist in allen Kontinenten der Fall, außer in Europa – mit Ausnahme im Garten eines früheren Kollegen von mir in der Nähe von Hamburg, wo bestimmt 50 Sorten gepflegt wuchern. 50 Sorten, das ist aber fast nichts verglichen mit den 1447 verholzenden Bambusarten der Gattung Bambuseae, von denen allein 500 Arten in China vorkommen. Hier steht der Bambus als Symbol für langes Leben. Besonders interessant finde ich, dass das unterirdische Rhizom des Bambus, aus dem der Halm und die Wurzel entstehen, schon von Anfang an beim Durchbrechen aus der Erde den, je nach Art unterschiedlichen, Enddurchmesser haben. Ein Wachstum in die Breite kennt der Bambus nicht. Diese Eigenschaft des Bambus besäße ich auch gerne.
Erkenntnis des Tages: Manches Wissen, das ich habe, ist nur relativ richtig.
Der Name Tongji, der der Schule 1912 bei der Erweiterung um technische Studiengänge gegeben wurde, stammt aus einem chinesischen Sprichwort „Tong Zhou Gong Ji“, was so viel bedeutet wie „In einem Boot sitzen und einander helfen“. Nach dem ersten Weltkrieg übernahmen Franzosen unser Gelände und richteten dort eine Maschinenbauschule ein. In der Zeit der japanischen Besatzung im zweiten Weltkrieg wurde die Universität ausgelagert, aber nach der Machtergreifung der Kuomintang wurde wieder Maschinenbau unterrichtet und auch weiterhin, als die Volksrepublik China gegründet war. Inzwischen ist die University of Shanghai for Science and Technology selbständig, und der Hauptcampus mit 2000 Studierenden liegt am Stadtrand flussabwärts am Huangpu, ca. 45 Minuten Fahrzeit entfernt. In Shanghai gibt es 22 Universitäten, in ganz China 1554. Unser Innenstadtcampus ist der kleinste der USST. Dass im Shanghai-Hamburg-College das Semester jetzt schon begonnen hat, ist dem Umstand geschuldet, dass die deutschen Professoren nicht während des ganzen Semesters in Shanghai anwesend sein können, und deshalb bereits in den Semesterferien mit dem Unterricht anfangen.
Auf dem Campus brodelt also noch nicht das volle Studentenleben. Noch beherrschen die Bauarbeiter die Szene. Der Zementmischer mischt den ganzen Tag den Zement ohne Mischmaschine, aber auch ohne Bottich auf dem blanken Asphaltboden und karrt den feuchten Zement dann mit einem landestypischen Einachskarren an den Verbrauchsort. Auch für den Bauschutt stellt man keine Mulden auf. Er wird aus dem Fenster in den Hof hinabgeworfen und dann noch einmal manuell umgeschaufelt, um dann wieder Karrenweise abtransportiert zu werden. Und doch ist täglich alles abgeräumt. Um Sauberkeit kümmern sich viele dafür eingesetzte Menschen. In den Straßen sehe ich immer irgendwo irgendjemanden den wenigen Straßenschmutz zusammenkehren. Trotzdem habe ich oft beobachtet, wie der persönliche Verpackungsmüll auf offener Straße und von niemandem beanstandet in weitem Bogen von sich weg auf den Weg geworfen wird. Offensichtlich ist das ganz egal, denn es ist wird ja gleich wieder weggekehrt.
Bauweise
Die ganz alten Gebäude auf den Fuxing-Campus erinnern an den Stil eines englischen Elitecolleges: rote Ziegelmauern und weiße Säulen am Eingangsportikus. Auch die später gebauten Gebäude nehmen den Baustil voll auf. Bei genauem Hinsehen, stellte ich fest, dass deren Gebäudefassaden nicht aus Ziegeln warn, sondern täuschend echt nachgemacht nur den optischen Schein von Ziegeln hatten. Der Putz war mit Ziegelmuster im Läuferverband strukturiert, rot gestrichen und die einstrukturierten Fugen dann mit weißer Farbe ganz dünn ausgepinselt – ganz offensichtlich alles Handarbeit. Noch mehr ins Staunen geriet ich, als ich feststellte, dass alle Mauern doch aus Ziegelsteinen hochgezogen sind und der Putz außen auf die Ziegel aufgebracht wurde, um dann wieder den Ziegel-Look aufgemalt zu bekommen. Ich lerne hier neue Kategorien kennen, was unter effektiver Arbeit zu verstehen ist. Viele Arbeitsplätze sind in unserem Verständnis Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Aber sind sie deswegen unnötig? Ohne sie hätten noch mehr Leute, als so schon bei Müßiggang und Dösen zu sehen sind, den ganzen Tag nichts zu tun. Meine ganzen REFA- und Kaizen-Erfahrungen kann ich in diesem System nicht anwenden.
Sehr ungewohnt war für mich der Werkstoff Bambus als Strukturmaterial für Baugerüste, obwohl ist wusste, dass er auch dafür überall dort eingesetzt wird, wo er wächst. Das ist in allen Kontinenten der Fall, außer in Europa – mit Ausnahme im Garten eines früheren Kollegen von mir in der Nähe von Hamburg, wo bestimmt 50 Sorten gepflegt wuchern. 50 Sorten, das ist aber fast nichts verglichen mit den 1447 verholzenden Bambusarten der Gattung Bambuseae, von denen allein 500 Arten in China vorkommen. Hier steht der Bambus als Symbol für langes Leben. Besonders interessant finde ich, dass das unterirdische Rhizom des Bambus, aus dem der Halm und die Wurzel entstehen, schon von Anfang an beim Durchbrechen aus der Erde den, je nach Art unterschiedlichen, Enddurchmesser haben. Ein Wachstum in die Breite kennt der Bambus nicht. Diese Eigenschaft des Bambus besäße ich auch gerne.
Erkenntnis des Tages: Manches Wissen, das ich habe, ist nur relativ richtig.
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