Heute wurde ich aus dem Bett geklingelt, gerade rechtzeitig, um pünktlich, wie verabredet, mit meinen drei Professorenkollegen um 11.00 Uhr zu einer ersten Stadtbesichtigung aufzubrechen. Alle drei waren in früheren Jahren schon mal in Shanghai gewesen. Aber hier wird laufend soviel verändert, abgerissen und neu gebaut, dass die Ortskenntnisse nur für die grobe Orientierung reichten. So, als würde man nach zwei Jahren Abwesenheit in Hamburg durch die HafenCity führen wollen.
Bei abklingendem Regen, der die permanente Dunstglocke (hier die Messwerte: www.envir.on-line.sh.cn/eng/Airep/index.asp) über der Stadt auch nicht wegwaschen konnte, ging es zu Fuß durch die französische Konzession. Das ist unser Stadtviertel Lu Wan, das von den Franzosen vor ca. 100 Jahren begründet wurde und das in Zukunft nicht mehr, vom Modernisierungswahn getrieben, total mit Hochhäusern zugepflastert werden soll. Zum Ren-Min-Platz (= Volksplatz: Ren = Mensch; Min = zur Familie gehörig; Renmin = Volk) fuhren wir eine Haltestelle mit der U-Bahn-Linie 1.
U-Bahn-Verkehr
Im Vergleich zu Hamburg ist diese zwei Generationen moderner und zwei Größenordnungen gigantischer. Die unterirdische Umsteigeanlage ist unübersehbar riesig. Man erreicht die Stationen trotzdem sicher über Ausschilderungen, die überall chinesisch-englisch (lateinische Buchstaben) beschriftet sind. Das gilt auch für sämtliche Straßenschilder. Weil alles erst in den letzten wenigen Jahren mit unvorstellbarem Tempo so modernisiert wurde, gibt es einfach keine alten, noch nicht umgestellten Einrichtungen, wie bei uns in Deutschland. Deswegen fahren die Taxis alle mit GPS-Navigationsgeräten; alles ist kartographiert und digitalisiert – und frei erhältlich. Vor wenigen Jahren gab es drei U-Bahn-Linien, heute sind es acht.
Die einzelnen Durchgangs-U-Bahn-Waggons sind geschätzt doppelt mal so lang, wie die in Hamburg. Von denen sind acht Stück zu einem Zug zusammengestellt („Kurz“-Züge haben nur sechs Waggons). Die Bahnsteige sind so lang, dass es in Hamburg auf der U3 für den Abstand von zwei Innenstadt-Haltestellen reichen würde. Auf Stationen mit viel Publikumsandrang ist die Bahnsteigkante mit einer deckenhohen Glaswand gesichert. Die Züge halten so, dass die Türen der Waggons genau vor den Türen der Glaswand zu stehen kommen, und die dann gleichzeitig öffnen.

Es wird allerdings nicht gewartet, bis die Angekommenen ausgestiegen sind, sondern ein- und aussteigende Passagiere drängeln heftig aneinander vorbei. Man muss den ernsthaften Willen mitbringen, wirklich aussteigen zu wollen und sich dafür mit Körperkraft einsetzen, soll es gelingen. Auf der Hinfahrt erwischten wir eine halb leere U-Bahn, in der die Klimaanlage eine Saukälte erzeugte. Auf der Rückfahrt - es war inzwischen Samstagspätnachmittag - ging es gestopft eng zu, aber die Temperatur war angenehm auszuhalten. Auf der Hinfahrt war die Bahn lediglich auslegungsgemäß unterbesetzt gewesen.
Städtebauliches Wachstum

Am Peoples Square (Volksplatz) besuchten wir das Shanghai Urban Planing Exhibition, vergleichbar mit dem Schauraum des Hamburger Stadtplanungsamts in der Wexstraße oder der HafenCity-Ausstellung im Kesselhaus. Aber die Flächendimensionen und die aufgewandte Mühe für die Detailgenauigkeit unterscheiden sich fast proportional zur Einwohnerzahl (Hamburg: 1,7 Mio; Shanghai 18,4 Mio.). Über Geschichte und (nahe) Zukunft Shanghais wird noch zu berichten sein.
Menschen, Menschen, Menschen
Später wanderten wir bis zum Bund die östliche Nanjing Dong Lu entlang, das ist mit 10 Kilometern Gesamtlänge, trotz konkurrierenden Angebots in anderen Stadtteilen, die Shopping-Einkaufsstraße Shanghais schlechthin,. Der Bund ist die bekannte Uferpromenade mit ihrer hundertjährigen Prachttradition mit Blick auf den in wenigen Jahrzehnten hochgeschossenen Buisiness-District Pudong, der zehnmal größer als der Londons ist und als bekanntestes Wahrzeichen den Oriental Pearl TV Tower hat. Von dem erwarten sich die Stadtplaner eine weltweite Bekannt- oder noch besser Berühmtheit wie der Eifelturm mit Paris, das Opernhaus mit Sidney oder die Pyramiden mit Kairo in Verbindung gebracht werden.
Überall wimmelte es von Menschen (außer am Abend in unserem Viertel, wo es nach Feierabend erstaunlich – relativ – ruhig geworden war). Man hat richtig den Eindruck, ohne hautengen Personenkontakt fühle sich der Chinese (oder ist es der Shanghaier Großstadtmensch?) nicht wohl. Wie die Menschen hier privat leben, weiß ich noch nicht; stören tun sie sich jedenfalls nicht daran, in der Öffentlichkeit immer dicht an dicht zu sein. Das merkt man auch am Verkehrsgebaren, von dem ich heute nur ein Detail berichten will. An allen Ampeln in Shanghai startet über dem grün blinkenden Ampel-Männchen 15 Sekunden vor der Rotphase der gut sichtbare Countdown, der zum beschleunigten Freimachen der Fahrbahn aufrufen soll. Anschließend bewegen sich Fußgänger, Radfahrer, elektro- und erdgasgetriebene Rollerfahrer (Benziner habe ich kaum gesehen), Autos, Busse und Lastwagen trotzdem, um ein bisschen Wegevorrecht (auf Faustrechtsbasis) kämpfend, langsam weiter durch den Verkehr – ich habe mich da ganz schnell dran gewöhnt und es auch schon übernommen. Außer die Polizei guckt zu.
Erkenntnis des Tages: Virtual Privacy. Je mehr Menschen um einen herumwimmeln, desto egaler ist es, was die anderen von einem denken. Hat man keine äußere Intimsphäre zur Verfügung, schafft man sich einfach eine eigene, selbstgebastelte um sich herum.
Bei abklingendem Regen, der die permanente Dunstglocke (hier die Messwerte: www.envir.on-line.sh.cn/eng/Airep/index.asp) über der Stadt auch nicht wegwaschen konnte, ging es zu Fuß durch die französische Konzession. Das ist unser Stadtviertel Lu Wan, das von den Franzosen vor ca. 100 Jahren begründet wurde und das in Zukunft nicht mehr, vom Modernisierungswahn getrieben, total mit Hochhäusern zugepflastert werden soll. Zum Ren-Min-Platz (= Volksplatz: Ren = Mensch; Min = zur Familie gehörig; Renmin = Volk) fuhren wir eine Haltestelle mit der U-Bahn-Linie 1.
U-Bahn-Verkehr
Im Vergleich zu Hamburg ist diese zwei Generationen moderner und zwei Größenordnungen gigantischer. Die unterirdische Umsteigeanlage ist unübersehbar riesig. Man erreicht die Stationen trotzdem sicher über Ausschilderungen, die überall chinesisch-englisch (lateinische Buchstaben) beschriftet sind. Das gilt auch für sämtliche Straßenschilder. Weil alles erst in den letzten wenigen Jahren mit unvorstellbarem Tempo so modernisiert wurde, gibt es einfach keine alten, noch nicht umgestellten Einrichtungen, wie bei uns in Deutschland. Deswegen fahren die Taxis alle mit GPS-Navigationsgeräten; alles ist kartographiert und digitalisiert – und frei erhältlich. Vor wenigen Jahren gab es drei U-Bahn-Linien, heute sind es acht.
Die einzelnen Durchgangs-U-Bahn-Waggons sind geschätzt doppelt mal so lang, wie die in Hamburg. Von denen sind acht Stück zu einem Zug zusammengestellt („Kurz“-Züge haben nur sechs Waggons). Die Bahnsteige sind so lang, dass es in Hamburg auf der U3 für den Abstand von zwei Innenstadt-Haltestellen reichen würde. Auf Stationen mit viel Publikumsandrang ist die Bahnsteigkante mit einer deckenhohen Glaswand gesichert. Die Züge halten so, dass die Türen der Waggons genau vor den Türen der Glaswand zu stehen kommen, und die dann gleichzeitig öffnen.
Es wird allerdings nicht gewartet, bis die Angekommenen ausgestiegen sind, sondern ein- und aussteigende Passagiere drängeln heftig aneinander vorbei. Man muss den ernsthaften Willen mitbringen, wirklich aussteigen zu wollen und sich dafür mit Körperkraft einsetzen, soll es gelingen. Auf der Hinfahrt erwischten wir eine halb leere U-Bahn, in der die Klimaanlage eine Saukälte erzeugte. Auf der Rückfahrt - es war inzwischen Samstagspätnachmittag - ging es gestopft eng zu, aber die Temperatur war angenehm auszuhalten. Auf der Hinfahrt war die Bahn lediglich auslegungsgemäß unterbesetzt gewesen.
Städtebauliches Wachstum
Am Peoples Square (Volksplatz) besuchten wir das Shanghai Urban Planing Exhibition, vergleichbar mit dem Schauraum des Hamburger Stadtplanungsamts in der Wexstraße oder der HafenCity-Ausstellung im Kesselhaus. Aber die Flächendimensionen und die aufgewandte Mühe für die Detailgenauigkeit unterscheiden sich fast proportional zur Einwohnerzahl (Hamburg: 1,7 Mio; Shanghai 18,4 Mio.). Über Geschichte und (nahe) Zukunft Shanghais wird noch zu berichten sein.
Menschen, Menschen, Menschen
Später wanderten wir bis zum Bund die östliche Nanjing Dong Lu entlang, das ist mit 10 Kilometern Gesamtlänge, trotz konkurrierenden Angebots in anderen Stadtteilen, die Shopping-Einkaufsstraße Shanghais schlechthin,. Der Bund ist die bekannte Uferpromenade mit ihrer hundertjährigen Prachttradition mit Blick auf den in wenigen Jahrzehnten hochgeschossenen Buisiness-District Pudong, der zehnmal größer als der Londons ist und als bekanntestes Wahrzeichen den Oriental Pearl TV Tower hat. Von dem erwarten sich die Stadtplaner eine weltweite Bekannt- oder noch besser Berühmtheit wie der Eifelturm mit Paris, das Opernhaus mit Sidney oder die Pyramiden mit Kairo in Verbindung gebracht werden.
Überall wimmelte es von Menschen (außer am Abend in unserem Viertel, wo es nach Feierabend erstaunlich – relativ – ruhig geworden war). Man hat richtig den Eindruck, ohne hautengen Personenkontakt fühle sich der Chinese (oder ist es der Shanghaier Großstadtmensch?) nicht wohl. Wie die Menschen hier privat leben, weiß ich noch nicht; stören tun sie sich jedenfalls nicht daran, in der Öffentlichkeit immer dicht an dicht zu sein. Das merkt man auch am Verkehrsgebaren, von dem ich heute nur ein Detail berichten will. An allen Ampeln in Shanghai startet über dem grün blinkenden Ampel-Männchen 15 Sekunden vor der Rotphase der gut sichtbare Countdown, der zum beschleunigten Freimachen der Fahrbahn aufrufen soll. Anschließend bewegen sich Fußgänger, Radfahrer, elektro- und erdgasgetriebene Rollerfahrer (Benziner habe ich kaum gesehen), Autos, Busse und Lastwagen trotzdem, um ein bisschen Wegevorrecht (auf Faustrechtsbasis) kämpfend, langsam weiter durch den Verkehr – ich habe mich da ganz schnell dran gewöhnt und es auch schon übernommen. Außer die Polizei guckt zu.
Erkenntnis des Tages: Virtual Privacy. Je mehr Menschen um einen herumwimmeln, desto egaler ist es, was die anderen von einem denken. Hat man keine äußere Intimsphäre zur Verfügung, schafft man sich einfach eine eigene, selbstgebastelte um sich herum.
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