Kirchgang
Dank meiner sehr lohnenden Eskapade in der vergangene Nacht, schaffte ich es nicht, so früh aufzustehen wie geplant, um in dem 9.00 Uhr-Gottesdienst der Mu’en-Kirche in der Xi Zang Zhong Lu beizuwohnen; ich werde versuchen, nächste Woche dort hinzugehen. Stattdessen radelte ich dann gerade noch rechtzeitig zum 10.00 Uhr-Gottesdienst in die Shanghai Community Church (direkt hier am Hotel gibt es noch die St. Paulus-Kirche mit fremdsprachigen Gottesdiensten – auch Deutsch – , die ist aber noch bis November wegen Renovierung geschlossen, und die evangelische Allerheiligenkirche, wo aber nur chinesischsprachiger Gottesdienst abgehalten wird).
Dort kam ich eigentlich zu spät an, um im überfüllten Kirchenschiff noch einen Sitzplatz zu bekommen (späte Besucher werden in die Übertragungsräume umgeleitet). Aber weil die englische Simultanübersetzung auf der Empore in Kopfhörer übertragen wird, konnte dort noch unterkommen; neben einem Ehepaar aus Texas. Es stellte sich heraus, dass der Mann im Sino-Britisch-Institut als Mathemathik-Dozent arbeitet, einen direkten Einjahresvertrag mit der USST hat und insgesamt gerne noch zweimal verlängern möchte. Nach dem Gottesdienst sind die beiden dann ziemlich schnell verschwunden, so dass ich mich auch langsam auf den Rückweg machen wollte. Ich kam dabei am Elektrokaufhaus in der Fuxing Lu vorbei und habe gleich die ganzen dort erhältlichen Wünsche meiner Lieben zu Hause einkaufen können.
Kulturbeflissenheit
Für den Abend haben meine beiden E-Technik-Professorenkollegen und ich uns wieder mal zu einem „Kulturprogramm“ verabredet (mindestens einmal in der Woche). Dabei hatte ich wegen des dichten Nebels am Morgen, der allmählich in Dunst und dann in Smog überging, Bedenken. Trotzdem sind wir losgezogen, für 24 Yuan ging’s mit uns drei Personen mit dem Taxi zum Da Ning Ling Shi Park, wo wir gleich beim Aussteigen von freundlichen jungen Männern empfangen wurden, die uns schon mal Eintrittskarten vermitteln konnten, sogar für 100 Yuan pro Stück statt für 180 Yuan. Aber das aufgedruckte Datum stimmte und wir brauchten uns auch keine Sorgen zu machen, wo wir denn die Karten regulär kaufen könnten; stattdessen leisteten wir uns in der gesparten Zeit in einem Schnellimbiss ein Menü mit drei Speisen für 27 Yuan pro Person und wurden dort sogar bedient, woran ich mich immer noch nicht gewöhnt habe: der Personaleinsatz ist irgendwie nirgends das Preistreibende, stets gibt es Heerschaaren von Kümmerern (und Kümmerer-Zuguckern), aber nie will jemand dafür Trinkgeld haben.
Gut gesättigt marschierten wir zum großen Parkeingang, durchschritten das Ordner-Spalier mit Phantasie-Uniformen ausgestatteter, allein schon zahlenmäßig überwältigender Ordnungskräfte und schlüpfen dann die zwischen spanischen Reitern zur Einlasskontrolle, wo ein übereifriger Aufpasser uns hämisch als Ertappte ausrief und gleich wieder durch die Ausgangsspur zurück schicken wollte. Wir begriffen nicht was los war, bis wir gezeigt bekamen, dass, die auf unseren Karten mit ihren Nationalfahnen abgedruckten Teilnehmerländer China, Portugal und Italien bereits am 2. Oktober 2008 beim "OVERJOYED Music Fireworks Show of 2008 Shanghai Tourism Festival and 3rd China International Music Fireworks Competition” ihren Auftritt gehabt hatten. Er redete die ganze Zeit auf chinesisch auf uns ein und wir antworteten mit gleichem Wortschwall auf deutsch, aber ihn interessierte nicht, dass wir plumpen Betrügern aufgesessen waren, die hervorragende Fälschungen nachgedruckt hatten, was bei uns offensichtlich zu ziemlich ratlosen und bedröppelt dreinblickenden Gesichtsausdrücken führte.
Plötzlich griff die Polizei ein. Ein korrekt uniformierter Staatsvollzugbeamter ergriff die Initiative und löste mit seiner Direktive den Fall pragmatisch, indem er ins in den Park hinein verwies. Wir gehorchten natürlich unverzüglich und ich nahm mir vor, die Schanghaier Polizei als ausgesprochen Ausländerfreundlich und gut präpariert auf das Großereignis Expo 2010 in meinem Internetblog zu erwähnen. Wir wanderten bis zu einem riesigen Areal, wo Menschenmassen geordnet auf Plastikstühlen saßen und schwatzend ein paar Flakscheinwerfern und erweiterten Ampellichtern bei Musikdröhnung aus Lautsprechern zusahen, die sehr nett, aber langweilig auf dem ruhigen Wasserspiegel des davorliegenden Sees in der nächtlichen Dunkelheit reflektiert wurden. Nach einiger Zeit ging es los: Es krachte, eine paar Raketen stiegen in den Himmel und dann erfolgten Ansprachen und Ankündigungen.
Als endlich ein Amerikaner sprach und schließlich zum gemeinsamen Countdown auf englisch aufforderte, wussten wir, dass als erste Wettkampfnation heute die USA dran waren, die mit einer fulminanten Ouvertüre starten – und dann war nix; anschließend wieder nix, bis eine Durchsage kam, aus der hervorging, dass ausgerechnet bei der World Leading Nation ein technisches Versagen den Auftritt versaute.
Kurze Zeit später war Hánguó dran, ein uns zunächst unbekanntes Land, das ein sehenswertes Feuerwerk abbrannte. Dann kam, an der spanischen Ansage erkennbar, die Hispanische Nation dran, die das exorbitanteste Feuerwerk in Rauchschwaden umwandelte, das ich je gesehen habe. Zudem passte die Abbrennchoreographie so hervorragend mit der eingespielten, die Nation repräsentierenden Musik zusammen, dass ich richtig ins Schwärmen geriet. Auch die Knall-, Rassel-, Zisch- und Unbeschreibbargeräusche waren für mich neu und überraschend.
Außer mir gefiel das ganze auch den (gefühlt) ca. 200.000 anwesenden Chinesen, die sich sicher sowas ähnliches öfters anschauen. Ganz zum Schluss durften die Amerikaner nochmal dran. Aber erstens konnten Sie die Scharte nicht mehr auswetzen und was sie boten, fiel zweitens hinter die Spanier drastisch zurück. Nur die Lautstärke der Kracher, die meinen Hosenboden auf dem Plastikstühlchen erzittern ließen, war etwas Besonderes. Aber damit allein werden Sie den Irak auch nicht befrieden können. Am Vorabend des Nationalfeiertags, als ich so dringend auf ein Feuerwerk spekuliert hatte, waren übrigens Russland, Japan und Deutschland dran. Deutschland heißt auf Chinesisch Déguó und bedeutet „Tugend-Land“. Das zunächst unbekannte Hánguó entpuppte sich als Süd Korea.
Den Rückweg, kuschelig eingekeilt in hinausströmende Chinesen, legten wir ohne langen Fußweg und mit erträglicher Umsteigestrecke per U-Bahn und Bus zurück und mussten dafür auch 5,30 Yuan Bahn- und 2 Yuan Bustarif zahlen. Wir waren richtig stolz auf uns, was für begeisterndes Kulturprogramm wir uns bisher stets ausgesucht haben.
Erkenntnis des Tages: Spät erfüllen sich doch noch viele Wünsche. Deswegen ist Geduld eine Tugend.
Dank meiner sehr lohnenden Eskapade in der vergangene Nacht, schaffte ich es nicht, so früh aufzustehen wie geplant, um in dem 9.00 Uhr-Gottesdienst der Mu’en-Kirche in der Xi Zang Zhong Lu beizuwohnen; ich werde versuchen, nächste Woche dort hinzugehen. Stattdessen radelte ich dann gerade noch rechtzeitig zum 10.00 Uhr-Gottesdienst in die Shanghai Community Church (direkt hier am Hotel gibt es noch die St. Paulus-Kirche mit fremdsprachigen Gottesdiensten – auch Deutsch – , die ist aber noch bis November wegen Renovierung geschlossen, und die evangelische Allerheiligenkirche, wo aber nur chinesischsprachiger Gottesdienst abgehalten wird).
Dort kam ich eigentlich zu spät an, um im überfüllten Kirchenschiff noch einen Sitzplatz zu bekommen (späte Besucher werden in die Übertragungsräume umgeleitet). Aber weil die englische Simultanübersetzung auf der Empore in Kopfhörer übertragen wird, konnte dort noch unterkommen; neben einem Ehepaar aus Texas. Es stellte sich heraus, dass der Mann im Sino-Britisch-Institut als Mathemathik-Dozent arbeitet, einen direkten Einjahresvertrag mit der USST hat und insgesamt gerne noch zweimal verlängern möchte. Nach dem Gottesdienst sind die beiden dann ziemlich schnell verschwunden, so dass ich mich auch langsam auf den Rückweg machen wollte. Ich kam dabei am Elektrokaufhaus in der Fuxing Lu vorbei und habe gleich die ganzen dort erhältlichen Wünsche meiner Lieben zu Hause einkaufen können.
Kulturbeflissenheit
Für den Abend haben meine beiden E-Technik-Professorenkollegen und ich uns wieder mal zu einem „Kulturprogramm“ verabredet (mindestens einmal in der Woche). Dabei hatte ich wegen des dichten Nebels am Morgen, der allmählich in Dunst und dann in Smog überging, Bedenken. Trotzdem sind wir losgezogen, für 24 Yuan ging’s mit uns drei Personen mit dem Taxi zum Da Ning Ling Shi Park, wo wir gleich beim Aussteigen von freundlichen jungen Männern empfangen wurden, die uns schon mal Eintrittskarten vermitteln konnten, sogar für 100 Yuan pro Stück statt für 180 Yuan. Aber das aufgedruckte Datum stimmte und wir brauchten uns auch keine Sorgen zu machen, wo wir denn die Karten regulär kaufen könnten; stattdessen leisteten wir uns in der gesparten Zeit in einem Schnellimbiss ein Menü mit drei Speisen für 27 Yuan pro Person und wurden dort sogar bedient, woran ich mich immer noch nicht gewöhnt habe: der Personaleinsatz ist irgendwie nirgends das Preistreibende, stets gibt es Heerschaaren von Kümmerern (und Kümmerer-Zuguckern), aber nie will jemand dafür Trinkgeld haben.
Als endlich ein Amerikaner sprach und schließlich zum gemeinsamen Countdown auf englisch aufforderte, wussten wir, dass als erste Wettkampfnation heute die USA dran waren, die mit einer fulminanten Ouvertüre starten – und dann war nix; anschließend wieder nix, bis eine Durchsage kam, aus der hervorging, dass ausgerechnet bei der World Leading Nation ein technisches Versagen den Auftritt versaute.
Den Rückweg, kuschelig eingekeilt in hinausströmende Chinesen, legten wir ohne langen Fußweg und mit erträglicher Umsteigestrecke per U-Bahn und Bus zurück und mussten dafür auch 5,30 Yuan Bahn- und 2 Yuan Bustarif zahlen. Wir waren richtig stolz auf uns, was für begeisterndes Kulturprogramm wir uns bisher stets ausgesucht haben.
Erkenntnis des Tages: Spät erfüllen sich doch noch viele Wünsche. Deswegen ist Geduld eine Tugend.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen