Montag, 20. Oktober 2008

Klausurabschluss

Fleißarbeit
Heute habe ich mir vorgenommen, mich voll auf die Klausurkorrektur zu konzentrieren. Das ist mir bei vielen Tassen Oolong-Tee gut gelungen; am Freitag hatte ich Vorbereitungen für das eigentliche Korrigieren getroffen: Punktzahlenvergabe, Rechenwege, Alternativmöglichkeiten, so dass die Durchsicht der Klausuren viel schneller, ging als ich mir Zeit dafür eingeplant hatte. Das ist eine gute Methode, die ich, wieder in Deutschland, auch einführen werde. Denn zig-mal hintereinander den gleichen Text und die gleichen Rechenaufgaben durchzusehen, kann ganz schön langweilig sein, wie Fabrikarbeit und keineswegs geistig herausfordernd. Am Nachmittag war ich also schon fertig und trotz hochkonzentrierter, ununterbrochener Anstrengung fühlte ich mich nach Abschluss aller Arbeit richtig beflügelt und adrenalinerfüllt. Nach chinesischem System werden 60% der möglichen Punkte benötigt, damit man bestanden hat, in Deutschland sind es 50%. Deswegen musste ich noch ein paar Anpassungen machen, denn es sollte niemand durchfallen, der es nicht wirklich verdient hat. Die größte Anzahl lag, im deutschen Notensystem ausgedrückt, bei ausreichend bis befriedigend (sie konnten gerade den Kopf über die 60%-Linie herausheben, um doch noch genügend Luft zu schnappen, um zu überleben), einige Shootingsstars waren dabei (die beeindruckend sind wie springende Delphine, die sich ganz aus dem Wasser lösen können) und mit ihnen etwa zehn gute Studenten sowie sechs Durchfaller (abgrundtief Abgetauchte, die in dem Dunkel der Tiefsee ihr Dasein fristen müssen).

Reisevorbereitungen
Ich bin danach an den Campus geradelt, wo ich mir von unserem Betreuer helfen ließ, erst eine Reise nach Xi’an und dann eine nach Hangzhou zu buchen. Nach Hangzhou werde ich am Montag mit der Bahn fahren (1 Stunde 18 Minuten mit dem Schnellzug für 64,- Yuan in der ersten Klasse (2. Klasse: 54,- Yuan) pro Strecke. Eigentlich gibt es in der klassenlosen Volksrepublik China natürlich auch bei der Bahn keine Klassen mehr, deswegen wird von Softseat und Hardseat gesprochen, obwohl beide Klassen heutzutage gepolsterte Sitze haben. Der Unterschied liegt im Sitzabstand) und eine Nacht dort verbringen. Nach Xi’an würde es mit dem Zug über 20 Stunden dauern, denn das liegt Luftlinie 1800 km entfernt. Deswegen werde ich das Flugzeug benutzen. In China gibt es einen Rabatt auf den Flugpreis zu schwach belegten Zeiten und das ist, anders als bei uns, während der Woche frühmorgens und spätabends. Am Wochenende ist es besonders teuer. So werde ich am Mittwoch um 8.15 Uhr mit einem 60%-Rabatt für 850,- Yuan hinfliegen, zweimal in der historischen Innenstadt übernachten und am Freitagabend mit wesentlich weniger Rabatt für 1230,- Yuan zurückfliegen, jeweils inklusive der Steuern und Versicherungsgebühren. Ich machte mich auf die Suche nach der Abfahrtsbushaltestelle des Shuttlebusses, dessen Beschriftung ohne arabische Zahlen nur auf Chinesisch das Fahrziel angibt, in der Nähe unseres Hotels zum Flughafen Pudong, damit ich nicht am Mittwochmorgen hektisch suchen muss.

Ein weiteres Abschiedsessen
Am Abend war ich vom verbliebenen Kollegen, mit dem ich nun zwei Monate Lebenszeit geteilt hatte, noch zu einem Zweierabendessen eingeladen worden, und wir resümierten die Zeit und die Ereignisse mit einer gewissen nostalgischen Wehmut, er aber auch mit einer Vorfreude auf zu Hause und ich mit Reisefieber im Hinblick auf meine nächsten Exkursionen.

Frisör, aber anders
Auf dem Heimweg bog ich noch bei einem Frisör vorbei und optimierte meine Auswahl nach der Zahl der freien Plätze und Frisöre im Laden, kam sofort dran, war nach kurzer Zeit fertig und bezahlte nur 10Yuan. Dafür habe ich mir Kopf- und Nackenmassage, umständliches Ohrenreinigen und einen verkünstelten Scherenhaarschnitt vom Maestro entgehen lassen, kam unter den Elektroscherkopf und bin trotzdem mit den Ergebnis sehr zufrieden. Ich bin einfach kein Mensch für stundenlange Wellness-Behandlung.

Altersbeschwerden?
Zuhause erschrak ich heftig, als ich Blut in Urin feststellte, was mich wegen Harndrangs die ganze Nacht auf die Toilette zog, aber zum Glück war am Morgen alles wieder klar. Ich malte mir aus, was ein langwieriger Krankenhausaufenthalt in China für Auswirkungen auf mich haben würde, denn sprachlos und unfähig zu lesen würde ich mir, ans Bett gefesselt, wie in Einzelhaft vorkommen. Dazu noch die fremden Sitten und Gebräuche: ich wüsste nicht, wie mir geschieht.

Erkenntnis des Tages: Abgeschlossene Arbeit verleiht echte Freiheit.

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