Keine Besserung
Dass mein Darmkatarrh mich genau an dem Tag erwischt hat, an dem ich wegen abgeschlossener Vorlesungstätigkeit frei hatte, muss ich, wenn ich meine privaten Interessen mal hinten an stelle, als günstige Fügung betrachten, denn so entgeht den Studenten nichts. Natürlich hat es mich gejuckt, bei dem schönen Wetter draußen loszuziehen und als ich mich um 13.00 Uhr gerade dazu entschlossen hatte, mich aufs Fahrrad zu schwingen meldete sich mein Virus oder Bazillus in unverschämter Weise ganz plötzlich, so dass ich richtig froh war, mich nur fünfeinhalb Schritte von der Schüssel entfernt aufgehalten zu haben. So ein krankheitsbedingter Dämpfer gehört wohl zum Lehrauftrag hier dazu, denn ich war der Letzte unter uns vier deutschen Kollegen, der dran war. Ich kann dem sogar etwas Gutes abgewinnen, denn dies ist ein radikaler Beitrag zu meinem Ziel, meinen Bodymassindex zu senken. Inzwischen ist aber alle Gefahr gebannt, denn nun ist nichts mehr drin. Auch das war ein Wink des Schicksals, denn so konnte ich mich am Nachmittag darauf konzentrieren, meinen Beitrag eines Fotoalbums über Hamburg, die HAW, die Chinesen in Hamburg, die deutsche Küche und andere Besonderheiten in Deutschland und Hamburg, den ich beim Abschiedsabend der Elektrotechnikstudenten zu halten mich bereit erklärt hatte, ordentlich aufzuarbeiten.
E-Tech-Abschiedsfest
Das ist zwar kein komplizierter Vorgang, denn fehlende eigene Motive kann ich leicht aus dem Internet nachladen, aber eine Fleißarbeit ist es allemal. Ich wartete darauf, dass mein Kollege mir, wie verabredet einen Hinweis gibt, wann es wohin losgeht, aber der war zum Essen verschwunden und ich konnte ihn telefonisch nicht erreichen, weil gerade heute mein Prepaid-Kontingent der Telefonkarte ohne Vorwarnung aufgebraucht war und ich mir erst ein Guthaben nachkaufen musste.
Leider kam ich deshalb nicht pünktlich zum Beginn an. Start war um 19.00 Uhr, es wurde ein netter Werbefilm über die HAW in Hamburg gezeigt, es wurde musiziert (das muss man den Elektrotechnik-Professoren neidlos lassen: da haben sie einen Vorsprung gegenüber den Maschinenbauern), es wurden chinesische und deutsche Lieder gesungen, es wurde ein Partyspiel gemacht (Luftballons zertreten: jeder bindet sich einen aufgeblasenen Luftballon an den Fuß und muss versuchen, die Ballons aller anderen zu zertreten, ohne dass die eigenen zerstört werden). Schließlich wurde zu einem Gruppenfoto aufgerufen – und danach, bereits um 20.15 Uhr, war alles zu Ende.
Zwar wurden die Abgängigen zurückgerufen, damit noch ein gemeinsames Lied gesungen und Dankesworte gesprochen werden konnten, aber die Luft war raus. Ich hatte sogar den Eindruck, dass meine Bildersammlung gar nicht erwünscht war und fühlte mich auf diesem Abend der Elektrotechniker etwas deplatziert.
Keine Feier
Meine Maschinenbaustudenten wollten verständlicherweise heute keinen gemeinsamen Abschlussabend mit den Elektrotechnikern feiern, weil morgen die Abschlussklausur geschrieben wird, die Elektrotechniker wollten ihren Abend nicht schieben, weil einer der Professoren aus wichtigem familiären Grund so schnell wie möglich am Sonntag zurück nach Hause fliegt. Deswegen werden wir am Mittwoch einen eigenen Abschlussabend veranstalten. Ich habe mich richtig gefreut, meine Studenten im Vorlesungssaal zu sehen, wie sie noch fleißig gebüffelt haben. Leider waren es wieder nur die herausragenden Kandidaten, die dort saßen und nicht alle.
Abschiedsstimmung
Auf dem Rückweg alleine (die anderen sind im den Jazz-Club gefahren, ich wollte fit sein für die Klausur morgen) in lauschiger Nacht sah ich den abnehmenden Mond klar am Himmel stehen. Gestern war Vollmond, es ist also schon einen Monat her seit dem wichtigen Mondfest. Ich empfand das als Zeichen des Abschieds und stelle fest, dass meine Zeit emotional eigentlich jetzt abgelaufen ist, selbstverständlich zuzüglich der Tage, die ich für die Klausurkorrekturen noch benötigen werde. Aber mein Rückflug ist erst für den 30. Oktober terminiert, was die Chinaexperten der HAW mir in Deutschland empfohlen hatten. Ich bin etwas schwach auf meinen ersten Chinaaufenthalt vorbereitet gewesen; ich wusste nicht genau, welche Termine gelten, denn ich bin mit meinem deutschen Wesen und nicht mit chinesischen Umgangsformen daran gegangen.
Termintreue
Chinesen erstaunt es in Deutschland immer wieder, dass man sich über Wochen auf einen bestimmten Temin festlegt und den dann auch wirklich einhält, ohne ihn kurz vorher noch einmal bestätigt zu haben. Chinesen bleiben gern flexibel, legen sich nur ungern fest und springen selbst bei vorheriger Zusage noch schnell mal ab, wenn ihnen etwas anderes plötzlich wichtiger erscheint. Oder sie bringen noch jemenden mit, von dem man nichts wusste und der auch nicht eingeladen war. Es ist ratsam, vorher noch einmal nachzuhaken, was nun eigentlich Sache ist und ob alles so wie vereinbart bleibt. Genau das habe ich bei der Abstimmung der Termine für meine Vorlesung erlebt. Erst einen Tag vorher hatte ich die Regelung erfahren, dass die wegen der kompletten „Golden Week“ anlässlich des Nationalfeiertags ausfallenden zwei Lehrtage am Wochenende vorgeholt werden (ich glaube das haben nur die deutschen Professoren gemacht; der chinesische Unterricht ist einfach ausgefallen). Hätte ich an dem Wochenende etwas vor- oder gar gebucht gehabt, hätte ich dumm dagestanden (aber nur weil ich deutsch denke; für Chinesen hätte es auch da wieder eine improvisierte Lösung gegeben).
Weitere Pläne
Am kommenden Wochenende wollte ich ursprünglich auf das Formel 1-Rennen auf dem Shanghai International Circuit im Jiading District gehen (die anspruchsvolle Rennstrecke wurde von einem deutschen Architekten in Form des chinesischen Schriftzeichens 上 shàng gebaut, das "über, hoch, oben, hinauf, vorwärts“ bedeutet und das die erste Silbe im Namen der Stadt Shang-Hai nachbildet), und der chinesische Kümmerer für alle Planungen am Shanghai-Hamburg-College hatte mir gesagt, dass er mir beim besorgen der Karten behilflich sein würde. Genau derselbe Planer hat aber inzwischen, ohne eine Absprache mit irgendeinem von uns Deutschen, die gemeinsame Exkursion der deutschen und chinesischen Professoren auf dieses Wochenende gelegt. Die Sache an sich ist erfreulich und aus irgendjemandes Sicht bestimmt auch durchdacht und optimiert; an diese volkstypische Kommunikationsunklarheit würde ich mich auch auf Dauer nur schwer gewöhnen können. Inzwischen weiß ich, dass ich durchaus eine Woche früher (und wenn ich meine Vorlesungen gestaucht hätte, sogar noch früher; das halte ich aber grundsätzlich für suboptimal) als geplant hätte zurückreisen können. Das werde ich jetzt aber nicht tun. Stattdessen plane ich, für zwei Tage in das mit der Bahn anderthalb Stunden entfernt liegende Hangzhou zu reisen und für drei oder vier Tage mit dem Flugzeug nach Xi‘an, um mir dort die Tonkriegerarmee des Ying Zheng alias Qin Shi Huang Di im Original anzuschauen.
Aber jetzt ist erst mal die Abschlussklausur und ihre Korrektur dran.
Erkenntnis des Tages: Es gibt Sachen, die hier selbstverständlich sind und die ich ganz sicher vermissen werde und andere, die möchte ich lieber heute als Morgen zurücklassen.
Dass mein Darmkatarrh mich genau an dem Tag erwischt hat, an dem ich wegen abgeschlossener Vorlesungstätigkeit frei hatte, muss ich, wenn ich meine privaten Interessen mal hinten an stelle, als günstige Fügung betrachten, denn so entgeht den Studenten nichts. Natürlich hat es mich gejuckt, bei dem schönen Wetter draußen loszuziehen und als ich mich um 13.00 Uhr gerade dazu entschlossen hatte, mich aufs Fahrrad zu schwingen meldete sich mein Virus oder Bazillus in unverschämter Weise ganz plötzlich, so dass ich richtig froh war, mich nur fünfeinhalb Schritte von der Schüssel entfernt aufgehalten zu haben. So ein krankheitsbedingter Dämpfer gehört wohl zum Lehrauftrag hier dazu, denn ich war der Letzte unter uns vier deutschen Kollegen, der dran war. Ich kann dem sogar etwas Gutes abgewinnen, denn dies ist ein radikaler Beitrag zu meinem Ziel, meinen Bodymassindex zu senken. Inzwischen ist aber alle Gefahr gebannt, denn nun ist nichts mehr drin. Auch das war ein Wink des Schicksals, denn so konnte ich mich am Nachmittag darauf konzentrieren, meinen Beitrag eines Fotoalbums über Hamburg, die HAW, die Chinesen in Hamburg, die deutsche Küche und andere Besonderheiten in Deutschland und Hamburg, den ich beim Abschiedsabend der Elektrotechnikstudenten zu halten mich bereit erklärt hatte, ordentlich aufzuarbeiten.
E-Tech-Abschiedsfest
Das ist zwar kein komplizierter Vorgang, denn fehlende eigene Motive kann ich leicht aus dem Internet nachladen, aber eine Fleißarbeit ist es allemal. Ich wartete darauf, dass mein Kollege mir, wie verabredet einen Hinweis gibt, wann es wohin losgeht, aber der war zum Essen verschwunden und ich konnte ihn telefonisch nicht erreichen, weil gerade heute mein Prepaid-Kontingent der Telefonkarte ohne Vorwarnung aufgebraucht war und ich mir erst ein Guthaben nachkaufen musste.
Keine Feier
Meine Maschinenbaustudenten wollten verständlicherweise heute keinen gemeinsamen Abschlussabend mit den Elektrotechnikern feiern, weil morgen die Abschlussklausur geschrieben wird, die Elektrotechniker wollten ihren Abend nicht schieben, weil einer der Professoren aus wichtigem familiären Grund so schnell wie möglich am Sonntag zurück nach Hause fliegt. Deswegen werden wir am Mittwoch einen eigenen Abschlussabend veranstalten. Ich habe mich richtig gefreut, meine Studenten im Vorlesungssaal zu sehen, wie sie noch fleißig gebüffelt haben. Leider waren es wieder nur die herausragenden Kandidaten, die dort saßen und nicht alle.
Abschiedsstimmung
Auf dem Rückweg alleine (die anderen sind im den Jazz-Club gefahren, ich wollte fit sein für die Klausur morgen) in lauschiger Nacht sah ich den abnehmenden Mond klar am Himmel stehen. Gestern war Vollmond, es ist also schon einen Monat her seit dem wichtigen Mondfest. Ich empfand das als Zeichen des Abschieds und stelle fest, dass meine Zeit emotional eigentlich jetzt abgelaufen ist, selbstverständlich zuzüglich der Tage, die ich für die Klausurkorrekturen noch benötigen werde. Aber mein Rückflug ist erst für den 30. Oktober terminiert, was die Chinaexperten der HAW mir in Deutschland empfohlen hatten. Ich bin etwas schwach auf meinen ersten Chinaaufenthalt vorbereitet gewesen; ich wusste nicht genau, welche Termine gelten, denn ich bin mit meinem deutschen Wesen und nicht mit chinesischen Umgangsformen daran gegangen.
Termintreue
Chinesen erstaunt es in Deutschland immer wieder, dass man sich über Wochen auf einen bestimmten Temin festlegt und den dann auch wirklich einhält, ohne ihn kurz vorher noch einmal bestätigt zu haben. Chinesen bleiben gern flexibel, legen sich nur ungern fest und springen selbst bei vorheriger Zusage noch schnell mal ab, wenn ihnen etwas anderes plötzlich wichtiger erscheint. Oder sie bringen noch jemenden mit, von dem man nichts wusste und der auch nicht eingeladen war. Es ist ratsam, vorher noch einmal nachzuhaken, was nun eigentlich Sache ist und ob alles so wie vereinbart bleibt. Genau das habe ich bei der Abstimmung der Termine für meine Vorlesung erlebt. Erst einen Tag vorher hatte ich die Regelung erfahren, dass die wegen der kompletten „Golden Week“ anlässlich des Nationalfeiertags ausfallenden zwei Lehrtage am Wochenende vorgeholt werden (ich glaube das haben nur die deutschen Professoren gemacht; der chinesische Unterricht ist einfach ausgefallen). Hätte ich an dem Wochenende etwas vor- oder gar gebucht gehabt, hätte ich dumm dagestanden (aber nur weil ich deutsch denke; für Chinesen hätte es auch da wieder eine improvisierte Lösung gegeben).
Weitere Pläne
Am kommenden Wochenende wollte ich ursprünglich auf das Formel 1-Rennen auf dem Shanghai International Circuit im Jiading District gehen (die anspruchsvolle Rennstrecke wurde von einem deutschen Architekten in Form des chinesischen Schriftzeichens 上 shàng gebaut, das "über, hoch, oben, hinauf, vorwärts“ bedeutet und das die erste Silbe im Namen der Stadt Shang-Hai nachbildet), und der chinesische Kümmerer für alle Planungen am Shanghai-Hamburg-College hatte mir gesagt, dass er mir beim besorgen der Karten behilflich sein würde. Genau derselbe Planer hat aber inzwischen, ohne eine Absprache mit irgendeinem von uns Deutschen, die gemeinsame Exkursion der deutschen und chinesischen Professoren auf dieses Wochenende gelegt. Die Sache an sich ist erfreulich und aus irgendjemandes Sicht bestimmt auch durchdacht und optimiert; an diese volkstypische Kommunikationsunklarheit würde ich mich auch auf Dauer nur schwer gewöhnen können. Inzwischen weiß ich, dass ich durchaus eine Woche früher (und wenn ich meine Vorlesungen gestaucht hätte, sogar noch früher; das halte ich aber grundsätzlich für suboptimal) als geplant hätte zurückreisen können. Das werde ich jetzt aber nicht tun. Stattdessen plane ich, für zwei Tage in das mit der Bahn anderthalb Stunden entfernt liegende Hangzhou zu reisen und für drei oder vier Tage mit dem Flugzeug nach Xi‘an, um mir dort die Tonkriegerarmee des Ying Zheng alias Qin Shi Huang Di im Original anzuschauen.
Aber jetzt ist erst mal die Abschlussklausur und ihre Korrektur dran.
Erkenntnis des Tages: Es gibt Sachen, die hier selbstverständlich sind und die ich ganz sicher vermissen werde und andere, die möchte ich lieber heute als Morgen zurücklassen.
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