Sprechen Sie Deutsch?
Heute, am Freitag, dem letzten Tag der Woche, hatte ich ein Erfolgserlebnis in der Vorlesung. Als erstes habe ich nämlich meine Ankündigung wahr gemacht, dass ich von jedem Studenten einmal in der Woche eine Frage oder einen Satz, und sei es noch so kurz und einfach, auf Deutsch gesprochen erwarte. Das verfolge ich mit einer Excel-Liste, in der alle Namen der Studenten und alle Kalenderwochen meiner Vorlesung eingetragen sind, die ich per Beamer an die Wand projiziere und in die ich mit der von mir neu entdeckten, praktischen Tablet-technik handschriftlich und vor allem für jeden im Entstehen nachvollziehbar ankreuze, wer dran war. Ich habe heute, im Gegensatz zu den vorangegangen Tagen, schwere Fragen gestellt, nämlich eine Rekapitulation des Stoffes von dieser Woche: Inhalt verstanden? In der Lage, das in der schweren Fremdsprache auszudrücken? Für alle war das mit großer Anspannung verbunden: für die Hinterbänkler, weil sie sehen konnten, wie die Einschläge immer näher kamen, für die Aufgeweckten, weil es aus ihnen raussprudeln wollte und sie genau sahen, dass sie nicht dran waren. Ich bin jetzt überzeugt, dass die Studenten das Prinzip durchschaut haben: wer am Anfang der Woche sich mit einer einfachen Frage vorbereitet, vielleicht schon zu Hause, der hat den Rest der Woche seine Ruhe vor mir. Und die anderen können weiter fragen, denn meine Studenten tauen immer mehr auf. Nach der Vorlesung beantworte ich die Fragen derjenigen, von denen ich den Eindruck habe, sie würden sowieso alles verstehen – die anderen kommen nicht. Mit meinen deutschen Kollegen zusammen habe ich es diskutiert, und wir schätzen die fleißigen, aufgeweckten chinesischen Studenten für qualitativ besser gebildet und stärker motiviert ein als unsere Spitzenstudierenden an der HAW in Hamburg. Aber es gibt auch hier überwiegend normale Studenten.
Heute nach der Vorlesung kam eine ganze Traube auf mich zu, und wir diskutierten ziemlich lange. Die Studenten haben mich u.a. darauf aufmerksam gemacht, dass nächste Woche anlässlich des Mondfestes eine Woche lang ein besonderes Essen Taiwanesischer Geschmacksrichtung angeboten wird und haben mich eingeladen, mit ihrer Clique zusammen zum Essen auszugehen. Außerdem eröffnet bald eine Ausstellung internationaler zeitgenössischer Kunst in Shanghai, und auch da haben wir den gemeinsamen Besuch der Kunsthalle verabredet.
Kennen Sie Deutschland?
Zwei von ihnen fragten mich nicht nur nach dem Vorlesungsstoff, sondern zeigten ihr Interesse an Vielfältigem: Warum ist kein deutscher Politiker zu den Wettkämpfen bei den olympischen Spielen erschienen? Wer ist das Staatsoberhaupt und was macht Frau Merkel? Welches sind die politischen Parteien in Deutschland und welche Rolle spielen die Kommunisten? Was war die DDR und wo ist Preußen geblieben? Was war Deutschland vor der Bismarckschen Reichsgründung? Warum sagen die Engländer Germany und die deutschen Deutschland? Was hat Luther eigentlich gemacht? Warum hat Luther die Bibel ins Deutsche übersetzt? Was steht in der Bibel drin? Stimmt es, dass die Herstellung von Wurst für die Deutschen eine Religion ist, wie die Deutschprofessorin gesagt habe? Warum sind die Weißwürste weiß und die anderen rot? Sind Schweinehaxen das typische deutsche Essen? Stimmt es, dass beim Oktoberfest das Bier umsonst ist? Was kostet das Leben in Deutschland? Wie hoch sind die Studiengebühren in Hamburg? Lauter Fragen, auf die sehr gut vorbereitet war und die ich umfangreich und mit viel Hintergrundinformation beantworten konnte. Die beiden sind nicht nur sprachlich, sondern auch fachlich gute Studenten und ihre Fragen zielen auf die Vorbereitung auf ein an ihr jetziges Bachelorstudium anschließendes Masterstudium in Deutschland ab. Die ganze Mittagpause haben wir geredet und auch noch die anschließende Vorlesungsstunde, weil die Deutschvorlesung wegen Krankheit der Professorin ausgefallen war. Zum Schluss haben die beiden mich zum Essen in ein Restaurant eingeladen, wo ich eine Einführung in verschiedene typische chinesische Speisen bekam und meinerseits viele Fragen zum Sozialsystem, den Familienbeziehungen und dem Alltagsleben in China im Allgemeinen und in Shanghai im Besonderen stellen konnte. Darüber werde ich bald berichten.
Chinesische Feste
Im College fand heute am Spätnachmittag eine Dienstbesprechung aller chinesischer College-Angehörigen statt – eine Art Professorendienstbesprechung zum regulären Semesteranfang nächste Woche. Weil auch noch am 10. September, mit dem nationalen Ehrentag der Lehrer (kein arbeitsfreier Tag), und weil am 14. September 2008 mit dem Mondfest (ein Familienfest, dessen Datum jährlich abhängig vom Vollmond in der Zeit des Herbstäquinoktiums und das ab 2008 neuer nationaler, arbeitsfreier Feiertag ist) und weil am 1. Oktober mit dem Nationalfeiertag der Volksrepublik China (eine Woche Arbeitsfrei, alle verreisen zu ihren Familien; keiner wird dann da sein, um an der Uni zu feiern) drei weitere Anlässe zusammenfallen, schloss an die Dienstbesprechung noch ein gemütliches Beisammensein an, bei dem es für jeden einen Pappteller mit Bananen, Süßigkeiten und Keksen gab, den ich von der Dekanin persönlich überreicht bekam.
Dass es heute Nachmittag ziemlich heftig regnete, kam mir gut zupass, weil ich in Ruhe meine Erlebnisse niederschreiben konnte, währen ich auf eine Regenpause wartete, um undurchfeuchtet mit dem Rad ins Hotel fahren zu können.
Erkenntnis des Tages: Man muss auch unerwartete Feste feiern, wie sie fallen.
Heute, am Freitag, dem letzten Tag der Woche, hatte ich ein Erfolgserlebnis in der Vorlesung. Als erstes habe ich nämlich meine Ankündigung wahr gemacht, dass ich von jedem Studenten einmal in der Woche eine Frage oder einen Satz, und sei es noch so kurz und einfach, auf Deutsch gesprochen erwarte. Das verfolge ich mit einer Excel-Liste, in der alle Namen der Studenten und alle Kalenderwochen meiner Vorlesung eingetragen sind, die ich per Beamer an die Wand projiziere und in die ich mit der von mir neu entdeckten, praktischen Tablet-technik handschriftlich und vor allem für jeden im Entstehen nachvollziehbar ankreuze, wer dran war. Ich habe heute, im Gegensatz zu den vorangegangen Tagen, schwere Fragen gestellt, nämlich eine Rekapitulation des Stoffes von dieser Woche: Inhalt verstanden? In der Lage, das in der schweren Fremdsprache auszudrücken? Für alle war das mit großer Anspannung verbunden: für die Hinterbänkler, weil sie sehen konnten, wie die Einschläge immer näher kamen, für die Aufgeweckten, weil es aus ihnen raussprudeln wollte und sie genau sahen, dass sie nicht dran waren. Ich bin jetzt überzeugt, dass die Studenten das Prinzip durchschaut haben: wer am Anfang der Woche sich mit einer einfachen Frage vorbereitet, vielleicht schon zu Hause, der hat den Rest der Woche seine Ruhe vor mir. Und die anderen können weiter fragen, denn meine Studenten tauen immer mehr auf. Nach der Vorlesung beantworte ich die Fragen derjenigen, von denen ich den Eindruck habe, sie würden sowieso alles verstehen – die anderen kommen nicht. Mit meinen deutschen Kollegen zusammen habe ich es diskutiert, und wir schätzen die fleißigen, aufgeweckten chinesischen Studenten für qualitativ besser gebildet und stärker motiviert ein als unsere Spitzenstudierenden an der HAW in Hamburg. Aber es gibt auch hier überwiegend normale Studenten.
Heute nach der Vorlesung kam eine ganze Traube auf mich zu, und wir diskutierten ziemlich lange. Die Studenten haben mich u.a. darauf aufmerksam gemacht, dass nächste Woche anlässlich des Mondfestes eine Woche lang ein besonderes Essen Taiwanesischer Geschmacksrichtung angeboten wird und haben mich eingeladen, mit ihrer Clique zusammen zum Essen auszugehen. Außerdem eröffnet bald eine Ausstellung internationaler zeitgenössischer Kunst in Shanghai, und auch da haben wir den gemeinsamen Besuch der Kunsthalle verabredet.
Kennen Sie Deutschland?
Zwei von ihnen fragten mich nicht nur nach dem Vorlesungsstoff, sondern zeigten ihr Interesse an Vielfältigem: Warum ist kein deutscher Politiker zu den Wettkämpfen bei den olympischen Spielen erschienen? Wer ist das Staatsoberhaupt und was macht Frau Merkel? Welches sind die politischen Parteien in Deutschland und welche Rolle spielen die Kommunisten? Was war die DDR und wo ist Preußen geblieben? Was war Deutschland vor der Bismarckschen Reichsgründung? Warum sagen die Engländer Germany und die deutschen Deutschland? Was hat Luther eigentlich gemacht? Warum hat Luther die Bibel ins Deutsche übersetzt? Was steht in der Bibel drin? Stimmt es, dass die Herstellung von Wurst für die Deutschen eine Religion ist, wie die Deutschprofessorin gesagt habe? Warum sind die Weißwürste weiß und die anderen rot? Sind Schweinehaxen das typische deutsche Essen? Stimmt es, dass beim Oktoberfest das Bier umsonst ist? Was kostet das Leben in Deutschland? Wie hoch sind die Studiengebühren in Hamburg? Lauter Fragen, auf die sehr gut vorbereitet war und die ich umfangreich und mit viel Hintergrundinformation beantworten konnte. Die beiden sind nicht nur sprachlich, sondern auch fachlich gute Studenten und ihre Fragen zielen auf die Vorbereitung auf ein an ihr jetziges Bachelorstudium anschließendes Masterstudium in Deutschland ab. Die ganze Mittagpause haben wir geredet und auch noch die anschließende Vorlesungsstunde, weil die Deutschvorlesung wegen Krankheit der Professorin ausgefallen war. Zum Schluss haben die beiden mich zum Essen in ein Restaurant eingeladen, wo ich eine Einführung in verschiedene typische chinesische Speisen bekam und meinerseits viele Fragen zum Sozialsystem, den Familienbeziehungen und dem Alltagsleben in China im Allgemeinen und in Shanghai im Besonderen stellen konnte. Darüber werde ich bald berichten.
Chinesische Feste
Im College fand heute am Spätnachmittag eine Dienstbesprechung aller chinesischer College-Angehörigen statt – eine Art Professorendienstbesprechung zum regulären Semesteranfang nächste Woche. Weil auch noch am 10. September, mit dem nationalen Ehrentag der Lehrer (kein arbeitsfreier Tag), und weil am 14. September 2008 mit dem Mondfest (ein Familienfest, dessen Datum jährlich abhängig vom Vollmond in der Zeit des Herbstäquinoktiums und das ab 2008 neuer nationaler, arbeitsfreier Feiertag ist) und weil am 1. Oktober mit dem Nationalfeiertag der Volksrepublik China (eine Woche Arbeitsfrei, alle verreisen zu ihren Familien; keiner wird dann da sein, um an der Uni zu feiern) drei weitere Anlässe zusammenfallen, schloss an die Dienstbesprechung noch ein gemütliches Beisammensein an, bei dem es für jeden einen Pappteller mit Bananen, Süßigkeiten und Keksen gab, den ich von der Dekanin persönlich überreicht bekam.
Dass es heute Nachmittag ziemlich heftig regnete, kam mir gut zupass, weil ich in Ruhe meine Erlebnisse niederschreiben konnte, währen ich auf eine Regenpause wartete, um undurchfeuchtet mit dem Rad ins Hotel fahren zu können.
Erkenntnis des Tages: Man muss auch unerwartete Feste feiern, wie sie fallen.
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