Handel und Händel mit meinen Studenten
Mit meinen Studenten habe ich heute eine ganz herbe Enttäuschung erlebt, bezogen auf die Klausur von gestern. Dazu die Vorgeschichte: Ich wollte ursprünglich eigentlich nur eine Abschlussklausur ganz zum Schluss anbieten, wie ich das in Hamburg auch tue. Hier ist es aber unter den deutschen Kollegen üblich, eine Zwischenklausur schreiben zu lassen, weil man sich gegenseitig und die Gepflogenheiten hier noch nicht so gut kennt.
Also habe ich auf Bitten der Studenten, für alle sichtbar „an der Tafel“ (das ist ja inzwischen auf meinem Laptop mit Projektion über den Beamer – und Speicherung des Beweismittels!) zwei Varianten angezeichnet: eine erste Klausur zur Probe, die den bisherigen Stoff umfasst und zu 20% in die Note eingeht und eine zweite Klausur über den ganzen Stoff, die zu 80% in die Note eingeht. Die zweite Variante war eine erste Klausur, nachdem 40% des Stoffs unterrichtet worden ist mit 40% Anteil an der Note und die zweite Klausur nur über die restlichen 60% des Stoffs mit 60% Notenanteil. Große Zustimmung kam allenthalben zu zweitem Verfahren. Jetzt haben manche „kein gutes Gefühl“ und wollen, dass die ersten 40% nur zu 20% in die Note eingehen. Mein gespeichertes Beweismittel ließ keine faulen Behauptungen zu. Solches kindisches „Nachverhandeln“ hat mich richtig erbost. Meine ironisch gemeinte Anfrage, ob sie mir nicht alle der Einfachheit halber die Note ansagen wollten, die ich ihnen geben sollte, wurde leider nicht verstanden.
Alles klar an diesem Tag
Dabei hatte der Tag so klar und hell begonnen; Wind wehte Wolken über den Himmel und die Sicht war gut. Weil einer meiner Kollegen davon geschwärmt hatte, wie beeindruckend ein Essen im 86. Stockwerk des Jin Mao Towers (金茂大厦 Jīnmào Dàshà, Gold-prächtig-groß-Gebäude; trotz inzwischen direkt nebenan gebauter, noch höherer Konkurrenz immer noch das fünfthöchste Gebäude der Welt) sei, schlug ich vor, die seltene Fernsicht zu nutzen und dort am Abend über der beleuchteten Stadt Essen zu gehen. Nachdem Herr Xu, unser deutschsprechender Betreuer vom Joint-College, mich im Brustton der Überzeugung aufgeklärt hatte, dort müsse man keinen Tisch reservieren, weil ein Buffet für 120 Yuan all inclusive angeboten würde, fuhren wir zu dritt, etwas früher als sonst, noch während der Rushhour, mit der U-Bahn Linie 1 (einschließlich langwierigem Umsteigen am Peoples Square in die Linie 2) nach Pudong, wo wir von der Haltestelle aus wegen endlos sich hinstreckender Riesenbaustellen einen weiten Umweg zu Fuß laufen mussten.
Über die Zukunft der Metro
Die 1995 gebaute Metro Linie 1 ist mit rollendem Material des Firmenkonsortiums ADtranz-Siemens ausgerüstet worden (1500 V Gleichstrom – wie die S-Bahn Hamburg – mit Stromzuführung aus Oberleitungen), also ein deutsches Produkt. Die Linie 2 ist mit CSR-Siemens-Triebwagen (gleiche Technik wie Linie 1) ausgestattet. CSR (chinesisch: 株洲电力机车 zhūzhōu diànlìjīchē: Zhuzhou(Stadt im Osten der chinesischen Provinz Hunan)-Elektrizität-Kraft-Maschine-Wagen), die Zhuzhou-Electric Locomotive Works, ein Tochterunternehmen der China Southern Locomotive & Rolling Stock Industry (Group) Corporation, hat bereits 1999 für die Phase 2 des Ausbaus der Shanghai Metro den Auftrag zum Bau von 28 Sechs-Waggon-Triebwageneinheiten, alle Waggons angetrieben, für die 22 km lange, 17 Stationen umfassende Strecke der Linie 2 erhalten, also ein chinesisches Produkt mit deutscher Technik. Inzwischen, nach 13 Jahren, gibt es bereits 9 Metro-Linien in Betrieb. Zurzeit sind sieben Strecken im Bau (darunter auch Verlängerungen bestehender Linien) und weitere sieben in Planung, die bis Mitte der 2020-Jahre fertiggestellt werden sein sollen. Jetzt gerade läuft wegen der bevorstehenden Expo 2010 (Motto: Better City – better Life) ein besonders ehrgeiziges Erweiterungsprogramm. Metro ist ein zutreffenderer Begriff für die U-, S-, Hoch-, und Regionalexpressbahn.

Das Edelrestaurant in krasser Höhe
Im Jin Mao gab es natürlich kein Buffet, sondern ein Western-Style-Restaurant im 55. Stockwerk, ein Kantonesisches in 56. Stockwerk und ein Restaurant mit Shanghaier Küche in 86. Stockwerk, für welches wir uns wegen der erwarteten besseren Aussicht in größerer Höhe spontan entschieden. Oben angekommen war bedauerlicherweise angeblich kein Tisch mehr vorhanden, weswegen ich behauptete, Herr Xu von der Technischen Universität Shanghai (上海理工大学 shànghǎi lǐ gōng dà xué geht mir inzwischen chinesisch glatt von den Lippen und hat einen gewissen Beeindruckungsfaktor bei den Menschen in Shanghai) hätte alles für uns arrangiert. Damit war die Lösung des Problems „fehlende Tischreservierung“ von mir auf die Damen vom Empfang verlagert, und somit in dafür sehr professionellen Händen; schließlich wollten wir in einem Edelrestaurant speisen und uns nicht an einer Nudelsuppenimbissbude abfüttern lassen. Mit dem Ausdruck des Bedauerns für unsere Unannehmlichkeiten haben wir nach kurzem Warten einen Tisch im pikfeinen Restaurant mit Blick auf den Pearltower und den Huangpu bekommen. Viele der Gäste waren Europäer, und Chinesen gab es auch. Wir waren also nicht underdressed, weil Chinesen in Shanghai im Sommer nirgends mit einem Anzug herumlaufen; höchstens schwarze Hose und weißes, kurzes Hemd mit Krawatte; auch bei tropischen Temperaturen. Wir haben zwar Chineese Style gegessen, bekamen aber neben den Stäbchen Messer und Gabel gedeckt. Der westliche große Teller wurde jedoch durch das chinesische Gedeck (kleiner Teller mit kleiner Schale und Porzellanlöffel) ausgetauscht. Richtig chinesisch ging es aber trotzdem nicht zu, weswegen wir später den Tisch auch nur mit kleiner Sauerei verließen. Das Essen war gut, aber nicht so, dass ich behaupten müsste, ich hätte nicht woanders auch schon gut gegessen. Im direkten Vergleich mit der Schuddelkneipe vom Samstag kann ich sagen, beide Essen waren gleichwertig, jedenfalls dem Geschmack und der Menge nach. Wir hatten hier als arme beamtete Professoren vorsichtshalber die kostengünstigeren Gerichte (vier Bestellungen) gewählt und dafür zehnmal mehr als wir sonst ausgeben, bezahlt, nämlich 220 Yuan pro Person mit Getränken. In Vergleich zu einem Essen in gutbürgerlicher Gaststätte in Hamburg sind wir also dennoch preiswert davongekommen und haben gepflegt und unterhaltsam in atemberaubendem Ambiente gespeist. Sehr schön, muss ich aber nicht jeden Tag haben. Während unseres ganzen Essens war übrigens stets mindestens ein anderer Tisch nicht besetzt.
Zum Abschluss gönnten wir uns noch einen Drink in der Cocktailbar „Cloud 9“ im 87. Stockwerk, einem ganz internationalen Etablissement, das, von der Höhe mal abgesehen, auch in San Fransisco, Rio, London oder sogar in Stuttgart zu finden sein könnte. Beim Verlassen des Jin Mao Towers beeindruckte mich dann doch die Höhe des daneben stehenden Shanghai World Financial Center, weil es sich im Schein der es anstrahlenden lichtstarken Beleuchtungskörper als echter Wolkenkratzer im Sinne des Wortes zeigte.
Ich fühle mich jetzt verpflichtet, morgen mal die wesentlichen Unterschiede zwischen einem deutschen und einem chinesischen Essen zu beschreiben, wobei ich dann gar nicht auf die Verschiedenartigkeiten der Speisen eingehen werde.
Erkenntnis des Tages: Manche Tage sind richtig gut und richtig schlecht zugleich
Mit meinen Studenten habe ich heute eine ganz herbe Enttäuschung erlebt, bezogen auf die Klausur von gestern. Dazu die Vorgeschichte: Ich wollte ursprünglich eigentlich nur eine Abschlussklausur ganz zum Schluss anbieten, wie ich das in Hamburg auch tue. Hier ist es aber unter den deutschen Kollegen üblich, eine Zwischenklausur schreiben zu lassen, weil man sich gegenseitig und die Gepflogenheiten hier noch nicht so gut kennt.
Also habe ich auf Bitten der Studenten, für alle sichtbar „an der Tafel“ (das ist ja inzwischen auf meinem Laptop mit Projektion über den Beamer – und Speicherung des Beweismittels!) zwei Varianten angezeichnet: eine erste Klausur zur Probe, die den bisherigen Stoff umfasst und zu 20% in die Note eingeht und eine zweite Klausur über den ganzen Stoff, die zu 80% in die Note eingeht. Die zweite Variante war eine erste Klausur, nachdem 40% des Stoffs unterrichtet worden ist mit 40% Anteil an der Note und die zweite Klausur nur über die restlichen 60% des Stoffs mit 60% Notenanteil. Große Zustimmung kam allenthalben zu zweitem Verfahren. Jetzt haben manche „kein gutes Gefühl“ und wollen, dass die ersten 40% nur zu 20% in die Note eingehen. Mein gespeichertes Beweismittel ließ keine faulen Behauptungen zu. Solches kindisches „Nachverhandeln“ hat mich richtig erbost. Meine ironisch gemeinte Anfrage, ob sie mir nicht alle der Einfachheit halber die Note ansagen wollten, die ich ihnen geben sollte, wurde leider nicht verstanden.
Alles klar an diesem Tag
Dabei hatte der Tag so klar und hell begonnen; Wind wehte Wolken über den Himmel und die Sicht war gut. Weil einer meiner Kollegen davon geschwärmt hatte, wie beeindruckend ein Essen im 86. Stockwerk des Jin Mao Towers (金茂大厦 Jīnmào Dàshà, Gold-prächtig-groß-Gebäude; trotz inzwischen direkt nebenan gebauter, noch höherer Konkurrenz immer noch das fünfthöchste Gebäude der Welt) sei, schlug ich vor, die seltene Fernsicht zu nutzen und dort am Abend über der beleuchteten Stadt Essen zu gehen. Nachdem Herr Xu, unser deutschsprechender Betreuer vom Joint-College, mich im Brustton der Überzeugung aufgeklärt hatte, dort müsse man keinen Tisch reservieren, weil ein Buffet für 120 Yuan all inclusive angeboten würde, fuhren wir zu dritt, etwas früher als sonst, noch während der Rushhour, mit der U-Bahn Linie 1 (einschließlich langwierigem Umsteigen am Peoples Square in die Linie 2) nach Pudong, wo wir von der Haltestelle aus wegen endlos sich hinstreckender Riesenbaustellen einen weiten Umweg zu Fuß laufen mussten.
Über die Zukunft der Metro
Die 1995 gebaute Metro Linie 1 ist mit rollendem Material des Firmenkonsortiums ADtranz-Siemens ausgerüstet worden (1500 V Gleichstrom – wie die S-Bahn Hamburg – mit Stromzuführung aus Oberleitungen), also ein deutsches Produkt. Die Linie 2 ist mit CSR-Siemens-Triebwagen (gleiche Technik wie Linie 1) ausgestattet. CSR (chinesisch: 株洲电力机车 zhūzhōu diànlìjīchē: Zhuzhou(Stadt im Osten der chinesischen Provinz Hunan)-Elektrizität-Kraft-Maschine-Wagen), die Zhuzhou-Electric Locomotive Works, ein Tochterunternehmen der China Southern Locomotive & Rolling Stock Industry (Group) Corporation, hat bereits 1999 für die Phase 2 des Ausbaus der Shanghai Metro den Auftrag zum Bau von 28 Sechs-Waggon-Triebwageneinheiten, alle Waggons angetrieben, für die 22 km lange, 17 Stationen umfassende Strecke der Linie 2 erhalten, also ein chinesisches Produkt mit deutscher Technik. Inzwischen, nach 13 Jahren, gibt es bereits 9 Metro-Linien in Betrieb. Zurzeit sind sieben Strecken im Bau (darunter auch Verlängerungen bestehender Linien) und weitere sieben in Planung, die bis Mitte der 2020-Jahre fertiggestellt werden sein sollen. Jetzt gerade läuft wegen der bevorstehenden Expo 2010 (Motto: Better City – better Life) ein besonders ehrgeiziges Erweiterungsprogramm. Metro ist ein zutreffenderer Begriff für die U-, S-, Hoch-, und Regionalexpressbahn.
Das Edelrestaurant in krasser Höhe
Im Jin Mao gab es natürlich kein Buffet, sondern ein Western-Style-Restaurant im 55. Stockwerk, ein Kantonesisches in 56. Stockwerk und ein Restaurant mit Shanghaier Küche in 86. Stockwerk, für welches wir uns wegen der erwarteten besseren Aussicht in größerer Höhe spontan entschieden. Oben angekommen war bedauerlicherweise angeblich kein Tisch mehr vorhanden, weswegen ich behauptete, Herr Xu von der Technischen Universität Shanghai (上海理工大学 shànghǎi lǐ gōng dà xué geht mir inzwischen chinesisch glatt von den Lippen und hat einen gewissen Beeindruckungsfaktor bei den Menschen in Shanghai) hätte alles für uns arrangiert. Damit war die Lösung des Problems „fehlende Tischreservierung“ von mir auf die Damen vom Empfang verlagert, und somit in dafür sehr professionellen Händen; schließlich wollten wir in einem Edelrestaurant speisen und uns nicht an einer Nudelsuppenimbissbude abfüttern lassen. Mit dem Ausdruck des Bedauerns für unsere Unannehmlichkeiten haben wir nach kurzem Warten einen Tisch im pikfeinen Restaurant mit Blick auf den Pearltower und den Huangpu bekommen. Viele der Gäste waren Europäer, und Chinesen gab es auch. Wir waren also nicht underdressed, weil Chinesen in Shanghai im Sommer nirgends mit einem Anzug herumlaufen; höchstens schwarze Hose und weißes, kurzes Hemd mit Krawatte; auch bei tropischen Temperaturen. Wir haben zwar Chineese Style gegessen, bekamen aber neben den Stäbchen Messer und Gabel gedeckt. Der westliche große Teller wurde jedoch durch das chinesische Gedeck (kleiner Teller mit kleiner Schale und Porzellanlöffel) ausgetauscht. Richtig chinesisch ging es aber trotzdem nicht zu, weswegen wir später den Tisch auch nur mit kleiner Sauerei verließen. Das Essen war gut, aber nicht so, dass ich behaupten müsste, ich hätte nicht woanders auch schon gut gegessen. Im direkten Vergleich mit der Schuddelkneipe vom Samstag kann ich sagen, beide Essen waren gleichwertig, jedenfalls dem Geschmack und der Menge nach. Wir hatten hier als arme beamtete Professoren vorsichtshalber die kostengünstigeren Gerichte (vier Bestellungen) gewählt und dafür zehnmal mehr als wir sonst ausgeben, bezahlt, nämlich 220 Yuan pro Person mit Getränken. In Vergleich zu einem Essen in gutbürgerlicher Gaststätte in Hamburg sind wir also dennoch preiswert davongekommen und haben gepflegt und unterhaltsam in atemberaubendem Ambiente gespeist. Sehr schön, muss ich aber nicht jeden Tag haben. Während unseres ganzen Essens war übrigens stets mindestens ein anderer Tisch nicht besetzt.
Zum Abschluss gönnten wir uns noch einen Drink in der Cocktailbar „Cloud 9“ im 87. Stockwerk, einem ganz internationalen Etablissement, das, von der Höhe mal abgesehen, auch in San Fransisco, Rio, London oder sogar in Stuttgart zu finden sein könnte. Beim Verlassen des Jin Mao Towers beeindruckte mich dann doch die Höhe des daneben stehenden Shanghai World Financial Center, weil es sich im Schein der es anstrahlenden lichtstarken Beleuchtungskörper als echter Wolkenkratzer im Sinne des Wortes zeigte.
Ich fühle mich jetzt verpflichtet, morgen mal die wesentlichen Unterschiede zwischen einem deutschen und einem chinesischen Essen zu beschreiben, wobei ich dann gar nicht auf die Verschiedenartigkeiten der Speisen eingehen werde.
Erkenntnis des Tages: Manche Tage sind richtig gut und richtig schlecht zugleich
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